Es ist schon merkwürdig, wie sehr Kleinigkeiten die Laune beeinflussen können. So bin ich immer äußerst übellaunig, wenn etwas nicht funktioniert, wie es soll. Die Spülmaschine zum Beispiel, die kürzlich dafür sorgte, dass alles gewaschene Geschirr schön gleichmäßig fettig war, auch wenn nur Wasser in den Gläsern gewesen war. Oder meine Klospülung, die sich in der letzten Zeit recht kapriziös zeigte.
Vielleicht kennt ihr das: Man hatte ein menschliches Bedürfnis und kommt diesem nach, und dann drückt man die Spülung und es läuft Wasser. Und läuft. Und läuft. Die Niagarafälle sind nichts dagegen. So geschah es bei mir Anfang Mai. Natürlich habe ich mich nicht aus der Ruhe bringen lassen, es war nicht das erste Mal, dass mir das passierte. Ich konnte die Spülung sogar fachfraulich auseinanderbauen und das Wasser abdrehen. Die nächsten Tage hantierte ich mit einer Eimerspülung, was etwas lästig, aber kein Weltuntergang war. Man behilft sich halt.
Nach etwa einer Woche kam ein Klempner – pünktlich und nett. „Wer hat Ihnen die Anlage denn auseinandergebaut?“, fragte er. Dass ich das selbst konnte, schien ihn sichtlich zu erstaunen, aber dann werkelte er drauflos. Ich werkelte auch, im Homeoffice. Irgendwann stand der Rohrverlegerich neben mir, sichtlich unangenehm berührt. Das sei ja schon alles recht alt da drin, meinte er. Damit hatte er auch Recht, mein Klöchen nebst Spülung wurde irgendwann Ende der 90er Jahre eingebaut und ist somit älter als die meisten unserer Praktikanten im Büro. Ich bestätigte also: Ja, alt, stimmt. Ob er denn da etwas Neues einbauen dürfe, das alte Zeug sei kaputt. Damit hatte ich gerechnet, denn ich hatte ja nicht zum ersten Mal Spaß damit. Er durfte also, besorgte irgendwelche Teile und baute die ein. Nach einer Weile hörte ich es nebenan rauschen – spül, spül, spül – es ging wieder. Schön, schön.
Da mein Klempner von meiner Intelligenz offensichtlich nicht allzu viel hielt, wurde ich sorgfältig eingewiesen. Denn ich hatte auch einen neuen Drücker bekommen: große Taste für großes Geschäft, kleine Taste für kleines Geschäft, erklärte er mir. Ich übte, drückte auf jede Taste einmal drauf und galt somit als sachkundig. Mein Klempner verließ mich, ich war zufrieden.
Ein paar Tage ging alles gut. Dann erschrak ich eines Tages, als ich im Flur war, denn im Bad rauschte plötzlich Wasser. Ich trabte ins Fliesenzimmer und spähte in den Lokus. Ne, alles ruhig. Hatte mich wohl getäuscht.
Doch immer wieder hörte ich es in den nächsten Tagen rauschen, zumeist kurz nachdem ich auf dem Klo gewesen war. Irgendwann erwischte ich die Spülung dabei, wie sie tatsächlich unvermittelt einen Schwall Wasser in die Schüssel spie. Nicht viel, aber so sollte das sicher nicht sein.
Anscheinend hatte die Spülung meine Unzufriedenheit bemerkt, denn sie dachte sich etwas Neues aus: Nach einem Spülvorgang lief sie nicht freiwillig wieder voll. Also spülen – Wasserfall – und dann … nichts. Kein leises Rauschen, das belegte, dass sich der Kasten wieder füllte. Ich wackelte etwas an den Tasten herum – klein, groß, klein, groß – Rauschen. Aha! Irgendwas hatte wohl geklemmt, jetzt ging es wieder. Allerdings nicht lange. Es bürgerte sich ein, dass ich nach jedem Toilettengang an den verschiedenen Geschäftstasten herumspielen musste, damit Wasser nachlief. Und dann lief es manchmal über, zum Glück in die Schüssel, nicht zu den Nachbarn. Manchmal hörte es dann von selber nicht mehr auf, sodass man das Tastengewackel wieder starten musste, um die Götter, die man gerufen hatte, wieder in ihre Löcher zu scheuchen. Ich verbrachte unglaublich viel Zeit damit, meine Toilette zu beobachten. So ging das nicht weiter.
Ich platzierte also eine Reklamation bei der Klempnerei meines Vertrauens und bat um erneuten Besuch. Nachdem ich das Phänomen mehrmals erklärt hatte, nahm man mir meine Verzweiflung ab und versprach einen Hausbesuch. Am Freitag, da habe ich frei und somit Zeit. Um halb acht – wie gut, dass ich Frühaufsteherin bin.
Ich war also fertig angezogen und frisch geduscht, als der Herr der Rohre – wieder sehr pünktlich – bei mir eintraf. Ich erläuterte das Problem und wackelte an den Tasten. Welcome to the Show in the Klo. Der Klempner zeigte sich beeindruckt und vor allem verständig – nein, so ging das wirklich nicht. Er begann zu schrauben und ich wusste nichts mit mir anzufangen.
Es ist schon merkwürdig: Ich hätte alles Mögliche tun können. Tee trinken zum Beispiel, ein Stück stricken, was lesen. Was man halt so macht, wenn man frei hat und zuhause ist – morgens um halb acht. Aber irgendwie habe ich immer das Gefühl, dass es sich nicht gehört, dass ich rumsitze, während jemand anders in meiner Wohnung arbeitet. Beim ersten Klempnerbesuch ging das prima, Homeoffice sei Dank. Aber heute fühlte ich mich seltsam verloren und musste etwas tun. Ich beschloss, dass Blumen gießen eine gute Idee wäre, füllte die Kanne, goss, zupfte welke Blättchen ab und schnippelte alte Blüten raus. Da ich nur eine Blume habe, ging das unglücklicherweise sehr flott. Ich sah auf die Uhr – der werkelte da jetzt schon sieben Minuten und war immer noch nicht fertig. Also faltete ich Wäsche. Dann war das immerhin schon mal gemacht. Auch die Spülette räumte ich aus, bereitete meinen Einkaufsrucksack für den später geplanten Ausflug zum Supermarkt vor und kochte Kaffee. Kann man ja alles gebrauchen.
Dann war er endlich fertig. Wieder wurde ich eingewiesen, mir wurden die Tücken des Nachlauf-Ventils erläutert und dass eben bei diesem heimtückischen Ding eine Schraube locker gewesen war – ich hatte es ja geahnt. Nun sei sie fest, meinte mein Klempner, und durch bedächtiges Drücken der beiden Geschäftstasten nahm ich die Arbeit fachgemäß ab. Es läuft wieder, soweit, so gut. Meine Laune hat sich gehoben, der Haushalt ist gemacht – alles wieder gut.