Komische Gewohnheiten – „Viel Spaß!“

Kürzlich fiel mir mal wieder auf, wie absurd diese Angewohnheit eigentlich ist, anderen zum Abschied ein „viel Spaß“ hinterherzurufen, egal wohin die gerade gehen. Ob zur Kirmes, zum Zahnarzt oder zum Schafott, immer heißt es: „Viel Spaß!“. Schon als Kind habe ich mich darüber geärgert, wenn ich aus dem Haus hetzte, um durch den Regen einem endlosen Schultag entgegenzuradeln und meine Mutter rief mir ein „Viel Spaß“ hinterher. Ja, genau, Mathe, Deutsch, WUK und Physik, da kriegt man sich vor lauter Wonne gar nicht mehr ein. Ich habe darüber schon als Elfjährige den Kopf geschüttelt.

Auch wenn jemand morgens zur Arbeit fährt, scheint mir diese routinemäßig runtergespulte Floskel etwas unpassend zu sein. Gut, man muss jetzt in meinem Job keine Höllenqualen durchleiden und manchmal hat man mit den Kollegen auch Spaß. Aber der Hauptzweck unseres Auftretens da ist das nicht. Wäre da nicht „Viel Erfolg“ oder „Ein schöner Tag“ deutlich passender?

Aber der Anlass für diesen kleinen Beitrag war die Gruppe aus fünf oder sechs Frauen, der ich auf Norderney begegnete. Die Damen waren nicht mehr jung, ich schätzte sie alle auf über 70. Eine von ihnen wirkte auch schon recht hinfällig und verabschiedete sich vor der Zeit von ihren Freundinnen. Sie wolle ins Hotel, sie müsse sich dringend ein wenig hinlegen. Mühsam rappelte sie sich hoch und wackelte mit ihrem Rollator los. Den Freundinnen wünschte sie einen schönen Nachmittag, zum Abendessen wollte sie wieder dabei sein. Sie wurde verabschiedet mit lautem: „Tschüss Herta, bis heute Abend, viel Spaaahaß!“ Und ich sah Herta nach, die mühsam ihrem Hotelbett entgegen schlurfte, und fragte mich wirklich, wie viel Spaß die denn da wohl haben würde? Was sollte sie denn nach Ansicht der Freundinnen da veranstalten, was so viel Spaß macht? Genau genommen, wollte ich es nicht wirklich wissen, aber ich habe kurz darüber nachgegrübelt.

Komische Gewohnheiten – Bäume einkleiden

Noch nie hat sich mir der Sinne des Anziehens von Bäumen erschlossen. Eine Zeitlang war es groß in Mode, alles, was einem unter die Nadel kam, einzuhäkeln oder -stricken. Schon früh sah man das vor Handarbeitsläden, dort stand gerne mal ein in Wolle gehülltes Fahrrad, oder die Blumentöpfe auf der Fensterbank trugen so eine Art Strumpf. Nun gut, von mir aus, damit kann man ja zeigen, was dieser Laden so bietet. Oft war das sogar sehr schön gemacht.

Bild „Yarn Bomb“ von Pixabay

Doch diese seltsame Mode setzte sich fort, plötzlich fanden es viele Leute toll, ihre Umwelt zu behäkeln oder einzustricken. Ganze Gruppen trafen sich, manchmal sogar unter dem Motto „Unsere Stadt soll schöner werden“. Das fand ich noch ganz witzig, wenn einem Reiterstandbild ein Schal umgelegt wurde oder wenn die nackerte Brunnenschönheit plötzlich einen Pullover trug. Wurden Brückengeländer oder Laternenpfähle ummantelt, gefiel mir das schon weniger. Ich dachte mir aber, dass es für die werkelnden Leute vielleicht ein schönes Gemeinschaftserlebnis gewesen sein könnte. Man muss ja auch gönnen können.

Doch wenn aus mir völlig unerfindlichen Gründen Bäume eingekleidet werden, befremdet mich das total. Zum einen finde ich das überhaupt nicht schön und zum anderen glaube ich nicht, dass den Bäumen das gut tut. Hinzu kommt, dass das Material sicher auch irgendwie anders verwendet werden könnte. Ich weiß natürlich, dass es immer schwierig ist, etwas Vernünftiges aus Wollresten zu machen, aber was Schöneres als Socken für Bäume sollte einem doch einfallen.

Zuletzt begegnete mir diese unselige Baumeinstrickerei in einem Biergarten – ich habe vor lauter Schreck aber vergessen, wo der war. Man konnte dort sogar Wolle und Nadeln ausleihen. Überall rund um die Tische hingen diese ausgeblichenen, feuchten, zerschlissenen Lappen im Geäst – Schreck und Graus! Ich stricke wirklich gerne, aber dort habe ich es mir verkniffen. Nenene, so‘n Schiet, damit fange ich gar nicht erst an.

Komische Gewohnheiten: Manchmal bin ich meine Mutter – Teil 1

Kürzlich ertappte ich mich mal wieder dabei, dass ich wie meine Mutter dachte – obwohl ich genau diese Gedanken früher immer besonders merkwürdig fand. Es ging um sowas wie „Das taugt auch alles nichts mehr“.

Meine Mutter sagte sowas manchmal, wenn eine Bratpfanne nach 3000-fachem Einsatz die Beschichtung verlor, und überlegte dazu gerne, dass es vielleicht daran liegen könne, dass ich (!) immer zu sehr in der Pfanne herumgekratzt haben könnte. Oder wenn ein Geschirrhandtuch nach jahrzehntelangem Gebrauch löchrig wurde – dann war der Stoff von Anfang an dünn gewesen. Früher habe ich sowas immer belächelt.

Doch kürzlich erwischte ich mich dabei, wie ich meinen armen, alten Gurkenschäler mit ebensolchen Gedanken bedachte: Stumpf war er nämlich, und rostig noch dazu. Taugt nichts, dachte ich, billiges Gelumpe. Und ja, billig war der wirklich gewesen. Damals, als ich den gekauft habe, musste alles billig sein, denn ich hatte kein Geld für teure Haushaltswaren. Die Domäne in Eching war mein bevorzugter Ausstatter, dazu noch Ikea und diverse 1-Euro-Läden. Und tatsächlich – einige dieser Sachen werden allmählich alt. Unfassbar, nach nur gut 20 Jahren.

Der brave Gurkenschäler war ein Multitalent: Denn er schälte nicht nur Gurken, sondern auch harte Möhren, Spargel und Kartoffeln. Er war viel im Einsatz, aber irgendwann war er so stumpf, dass er das Gemüse eher entsaftet hat, statt es zu schälen. Nun gut … es sei ihm gestattet. Nachdem ich kurzfristig über einen Ersatz der Klinge durch ein Gummiband und eine Weiterverwendung des Griffs als Kirschkernflitsche nachgedacht hatte, warf ich ihn in den Müll und kaufte einen neuen. Wenn der wieder so lange hält, bin ich über 70, bis ich wieder einen brauche. Das wird die Rente dann hoffentlich hergeben.

Und ich werde mich jetzt innerlich darauf vorbereiten, dass in meinem Haushalt mal was kaputt gehen kann. Keine Klage darüber, das nehme ich mir fest vor. Und kein Aufheben für zweifelhafte spätere Zwecke!

Komische Gewohnheiten – jede unpassende Gelegenheit nutzen

Toilettentür DamenEines vorab, damit meine Leser die Situation richtig einschätzen können: Im wahren Leben bin ich Arbeitnehmerin, zwar in Vollzeit, aber ohne besondere gehobene Stellung. Ich bin ein ganz normaler, durchschnittlicher Mensch mit einem Bürojob. Ob ich arbeite oder nicht, hat keine Auswirkungen darauf, ob Menschen leben oder sterben. Jeder Brotverkäufer tut mehr für das Wohl der Menschen, mit denen er zu tun hat, denn die müssen, wenn sie bei ihm waren, zumindest nicht hungrig zu Bett gehen. Soweit der Status.

Trotz meiner somit offiziell festgestellten Unwichtigkeit erlebe ich es immer wieder, dass Menschen die Lage falsch einschätzen. So wie die Kollegin, die mich nach meinem Urlaub in der Kantine traf – morgens, bevor ich überhaupt richtig angekommen war. Ich war gerade dabei, ein Käsebrötchen in eine Papiertüte zu verfrachten, trug noch meine Jacke und den Rucksack auf dem Buckel. „Noch nicht auskunftsfähig“ schrie meine gesamte Erscheinung, doch die Kollegin überhörte diesen Ruf. Sie schnatterte auf mich ein, hektisch, denn sie hatte es eilig, und ich konnte zu ihrem Problem nichts, aber wirklich gar nichts Intelligentes antworten. Ich bat um Aufschub, darum, zuerst an meinen Arbeitsplatz gehen zu dürfen, um mir die Sache zumindest einmal anzugucken, bevor ich meine Meinung dazu kundtat. Ich kann es nicht leiden, wenn andere ihre Ansichten zu irgendwelchen Dingen total unreflektiert rausrufen, ohne das Thema zu kennen – folglich darf und möchte ich das auch nicht tun.

Sie gab mir fünf Minuten. Der Laptop war noch nicht mal hochgefahren, da war sie wieder da. Ich ließ mir erklären, um was es überhaupt geht, ordnete den Vorgang als „wichtig, aber nicht dramatisch ein“ und bemühte mich um Glättung der Wogen. Öl reingießen nennt man das, glaube ich. Eigentlich hätte ich danach nach Hause gehen können, denn mein gutes Werk für diesen Tag hatte ich getan.

Toilettentür HerrenWeniger duldsam war ich mit der Kollegin, die mir bis auf die Toilette hinterherlief und irgendwelche Informationen über die Trennwand bölkte. Ja, ich weiß, wenn ich im Büro bin, sollte ich ununterbrochen arbeiten, aber ab und zu muss ich mal. Und wenn ich diese Arten von Geschäften erledige, kann und will ich mich nicht auf technische Informationen in Relation zur aktuellen Rechtslage konzentrieren, geschweige denn irgendwelche Entscheidungen treffen. So wichtig bin ich einfach nicht, dass das nicht mal fünf Minuten – und länger brauche ich normalerweise nicht – warten könnte. Ich reagierte also ungehalten und scheuchte die Kollegin aus dem Waschraum. Himmel nochmal, kann man denn nicht mal in Ruhe pieseln? Ich muss mich konzentrieren!

Insgesamt beobachte ich eine Verschiebung der Wahrnehmung, was die Wichtigkeit von Dingen angeht. „Das muss aber heute unbedingt raus!“, höre ich oft, auch wenn das, was raus soll, noch gar nicht fertig ist und, wenn wir mal ehrlich sind, auch niemand begierig darauf wartet. Gerne stelle ich dann eine ganz einfache Frage: „Warum? Was passiert denn, wenn das heute nicht rausgeht?“ Zumeist ist der Rest dann Schweigen. Es muss raus, weil irgendjemand das vor drei Monaten in Unkenntnis der Sachlage in irgendeinen Projektplan geschrieben hat, und nun muss der arme Junior-Projektmanager das auf Teufel komm raus umsetzen, auch wenn das Projekt insgesamt eh schon um drei Wochen verzögert ist. Ob das wirklich vernünftig ist, wird dann, wenn die Panik schon Wellen schlägt, oft zum ersten Mal durchdacht.

Insofern bin ich vielleicht doch nicht ganz so unwichtig: Wenn mich mal wieder jemand im unpassendsten Moment ganz hektisch mit Projektdetails bombardiert, frage ich gerne nach dem „Warum“ oder sage so etwas Pomadiges wie „Das ist doch gerade überhaupt nicht wichtig“. Wahrscheinlich braucht es sowas manchmal. Aber bitte, liebe Kolleginnen, bitte nicht auf der Toilette.

Komische Gewohnheiten: Sich etepetete, aber schlecht benehmen

Manchmal sieht man sich ja wirklich verstohlen um und sucht die versteckte Kamera. So erging es meiner Freundin Kerstin und mir kürzlich, als wir gemütlich kaffeesieren waren: Wir saßen auf der Fressgass, in einer der teuersten Lokalitäten am Platze, denn dort gibt es grandiosen Kuchen und man gönnt sich ja sonst nichts. Es war friedlich dort, ruhig und beschaulich – bis die beiden Damen kamen. „Damen“, so nenne ich sie mal, aus Höflichkeit und weil es mich nichts kostet, aber wäre ich nicht so wohlerzogen, würde ich sie wohl Tussen nennen, Schrullen oder vielleicht noch Schnepfen.

Beide wirkten sie irgendwie aufgeplustert, obwohl sie so taten, als seien sie hochvornehm. Das Getöse, mit dem sie direkt neben uns Platz nahmen, hätte gut in ein Bierzelt gepasst, direkt neben die Blaskapelle, und ihre Gespräche schienen geradewegs der Gala entsprungen, natürlich mit ihnen in der Hauptrolle. Der Kellner wurde behandelt wie die lästigste Nebensache der Welt, aber man musste ja mit ihm reden, schließlich sollte er Torte und Sekt bringen. Was er auch tat.

Sektgläser

Die Sektgläser waren gut gefüllt, sicherlich kamen die Damen nicht zu kurz. Und doch meinte die Lautere der beiden, ihr Glas in die Höhe halten und mit einem Auge hineinspähen zu müssen – zu tief ins Glas zu schauen bekam so eine ganz neue Bedeutung. Der Kellner war besorgt und fragte nach: „Ist alles in Ordnung?“ Die Dame verneinte. Nein, nicht alles in Ordnung, ganz und gar nicht. Denn sie frage sich, ob das „genügend“ sei in ihrem Glas. Bei zu wenig gefüllten Gläsern sei sie empfindlich, verkündete sie. Der Kellner wirkte verblüfft, war doch eher zu viel als zu wenig im Glas. „Ja, vielleicht“, stimmte Madame zu, „aber sie da“, sie wies lässig mit einem Finger auf die Freundin, „hat mehr. Gießen Sie hier doch auch noch einmal nach!“ Der Kellner war Profi und bewahrte die Contenance. Gut hätte ich ja gefunden, wenn er aus dem volleren Glas einfach einen Schluck abgetrunken hätte, aber er kam tatsächlich mit der Flasche, richtete beide Gläser nebeneinander aus, nahm Maß und goss in eines noch eine Fingerhutmenge nach. „Ist es recht so?“ Es war recht – na so ein Glück!

Die Damen aßen und tranken – natürlich mit abgespreiztem kleinen Fingerchen – und unterhielten ihr Umfeld mit hochintellektuellen Gesprächen. Richtig hoch her ging es, als die zu wenig Gefüllte eine Nachricht auf ihr Smartphone bekam – offensichtlich von einem Sponsor. Sie kreischte aufgeregt und ruderte mit den Armen. Der ebenfalls aufgeregten Freundin erklärte sie, er (der Sponsor) habe seine Abrechnung bekommen, und jetzt dürfe sie sich eine Handtasche mehr kaufen. Großes Hallo und viel Gelächter. Und ich dachte, wie gut, dass ich mich selber für oder gegen den Handtaschenkauf entscheiden darf, auch wenn ich sie selber bezahlen muss. Aber jedem Tierchen sein Plaisierchen.

Die Damen brachen auf, schließlich hatten sie nun neue Pläne, sie brauchten dringend eine Handtasche. Sie rumpelten also von der Terrasse, nicht ohne vorher pflichtschuldigst ihre Zeche zu zahlen und sich beim Kellner lautstark über die unmöglichen, wirklich viel zu hohen Preise zu beklagen. Ist ja klar, der legt die ja auch fest. Und das, so fand ich, war dann wirklich der Gipfel des schlechten Benehmens.

Komische Gewohnheiten – Mutwillig im Weg herumstehen

Mauer

Ein echtes Hindernis, zur Verfügung gestellt von Kunstart.net / http://www.pixelio.de

Jeder steht mal im Weg herum – das ist völlig normal und ich nehme mich da nicht aus. Sei es, dass man mal völlig in Gedanken ist, abgelenkt durch ein Gespräch oder einfach ungeschickt. Auch hat man ja hinten keine Augen und kommt manchmal gar nicht auf den Gedanken, dass von da jemand kommen könnte. Da meistens nichts Schlimmes passiert, ist sowas nicht der Rede wert und führt oft sogar zu einem amüsierten Lächeln.

Es gibt jedoch auch Im-Weg-Steher, die das Im-Weg-Stehen beinahe mutwillig tun. Zum Beispiel diejenigen, die in der Straßenbahn unbedingt in der Tür stehen müssen, auch wenn woanders noch reichlich Platz ist. Wohl, weil man da so schön rausgucken kann und an jeder Haltestelle eine Nase voll frischer Luft nehmen kann. Für die, die rein- oder rauswollen, ist das natürlich nicht so praktisch, gerade dann nicht, wenn die Betreffenden auch noch auf ihrem Smartphone tippen müssen und verärgert grunzen, wenn sie angedotzt werden und sich ob des Gedränges verschreiben.

Besonders gern aber habe ich Reisegruppen, die direkt vereinbaren, im Weg herumstehen zu wollen: „Wir treffen uns in zwanzig Minuten direkt vor dem Wagenstandsanzeiger!“ Diese oder ähnliche Ansagen hört man sehr oft auf Bahnhöfen. Oftmals übrigens von Lehrern, die es offenbar praktisch finden, eine Klasse von rund 25 Schülern gerade da auflaufen zu lassen, wo alle anderen Reisenden auch mal was sehen möchten. Weist man darauf hin, dass das nicht so günstig ist – z. B. durch ein leicht genervtes „Darf ich auch mal an den Plan gucken, bitte?“ – ist man automatisch ein Kinderfeind oder zumindest ein Drängler. Verständnisvoller sind da Kegelklubs oder Landfrauenvereine – die sehen die Notwendigkeit, etwas Platz zu machen, zumeist ein. Das klingt dann so: „Gisela, komm da mal wech, du bist doch nicht durchsichtig!“ oder auch: „Komm ma bei mich bei, Heinz, dat die Leute wat sehen können!“ Wenn Heinz und Gisela sich dann da aufräumen, lächle ich freundlich, nicke zustimmend und bin zufrieden.

Und dann gibt es natürlich noch die Buffetblockierer, auch genannt Salatsortierer und Mittagspausenruinierer. Das sind diejenigen Kollegen, die sich in ihrer ganzen Pracht vor dem Kantinensalat aufbauen, um sich dort einen schönen gemischten Vitaminteller zusammenzustellen. Da sie dabei jede einzelne Gurkenscheibe einer genauen Qualitätskontrolle unterziehen und zudem die ganze Breite des Salatbuffets für ihre Prüfarbeiten benötigen – man braucht ja ausreichend Licht – können sie einer Mittagspauslerin, die gerne in 30 Minuten fertig werden und gemeinsam mit den Kollegen essen möchte, den letzten Nerv rauben. Die rennt dann auf die andere Seite des Salatstandes, um ein Näpfchen Bohnensalat zu ergattern, und drängt sich dort mit fünf anderen Leuten, die der Salatsortierer auf der anderen Seite vielleicht auch schon zum Seitenwechsel gezwungen hat. Und wenn auf der Seite dann der Bohnensalat alle ist, gibt man auf, verzichtet auf die wertvollen Bohnenvitamine und wird unweigerlich krank. Und daran sind sie schuld, die Im-Weg-Steher, Salatsortierer und Pausenruinierer.

Komische Gewohnheiten – über den Windelinhalt referieren

Vorbemerkung: Dieses Thema ist vielleicht nicht für jedermann geeignet. Sensible Geister sollten auf die Lektüre verzichten und sich vornehmeren Dingen zuwenden – zum Beispiel dem Studium einer Strickanleitung oder der Buddenbrooks. Robustere Naturen hingegen erkennen vielleicht ihre Nachbar in diesem Beitrag – oder sich selbst.

Komische Gewohnheiten – über den Windelinhalt referieren

Wenn Paare Kinder bekommen, verändern sie sich natürlich nach und nach. Sie werden häuslicher, bauen ein Nest, entdecken ihre fürsorgliche Seite. Gesprächsthemen ändern sich, das ist ganz natürlich. Als Freundin kann man das in der Regel ganz gut aushalten, schließlich ist es klar, dass die Interessenlage junger Eltern sich um andere Dinge dreht als bei Menschen ohne kleine Kinder. Doch früher oder später tun sie alle etwas, von dem sie geschworen haben, dass sie es NIEMALS tun würden: Weil es nämlich trivial ist, eklig und furchtbar für alle, die nicht unmittelbar daran beteiligt sind. Und doch, trotz all ihren früheren Beteuerungen, tun sie es irgendwann alle: Sie berichten über den Inhalt der Windel.

Als unbeteiligter und noch dazu kinderloser Gast fühlt man sich immer ein wenig merkwürdig, wenn man gemütlich mit einer Freundin beim Tee sitzt, über das Kind, Gott und die Welt schwätzt und plötzlich die Tür aufgerissen wird und ein stolzer Jungvater über die neuesten Abenteuer beim Windeln wechseln berichtet. Natürlich steigt die Jungmutter darauf gleich ein: „Hat sie was gemacht, wie viel und wie sah das aus? Ach, soso, anders als gestern, ja, vielleicht liegt das am Brei, vielleicht sollten wir mal was anderes probieren, nicht, dass das einreißt mit dieser komischen Konsistenz und dunkler wäre ja auch schöner. Aber sie wirkt ja gesund dabei, gar nicht wie ein Kind, dass Helles von sich gibt, vielleicht ist das in Ordnung so und morgen rufen wir mal beim Arzt an.“ Aha …

Auch in meinem Job komme ich mit diesem Thema regelmäßig in Berührung. Es scheint unglaublich wichtig zu sein, dass das Kind regelmäßig Stuhlgang in der erwarteten Farbe und Konsistenz hat. Ist das nicht der Fall, sind die Eltern beunruhigt, wenden sich mit genauen Beschreibungen an Telefonhotlines oder verbreiten sich episch in Foren und auf Facebookseiten – auch, wenn das Kind gesund und munter ist. Die Beschreibungen sind äußerst detailliert: Die Farbe wird fast mit einem Pantonefächer bestimmt, die Konsistenz genau beschrieben (krümelig, weich, schaumig, geformt, ungeformt …), der Geruch beurteilt und natürlich das Verhalten des Babys beim Verrichten des Geschäfts beschrieben (bekommt ein rotes Gesicht, drückt tüchtig, windet sich …).

Am schlimmsten scheint es zu sein, wenn die Farbe des Gemachten nicht mit dem des Erdachten zusammenpasst, und das absolut Schlimmste, quasi der Windelinhalt des Grauens, wird immer wieder thematisiert: Der grüne Stuhl.

grüner Stuhl, Windelinhalt

Bild zur Verfügung gestellt von Gabi Eder, http://www.pixelio.de

Grüner Stuhl ist der Gau der Elternschaft, danach kann nichts Schlimmeres mehr kommen. Und auch, wenn Ärzte, Hebammen und die eigene Mutter die Unbedenklichkeit dieses Phänomens bestätigen, lassen die geplagten Eltern es sich nicht nehmen, noch einmal die Community um Rat zu fragen: Kann das wirklich unschädlich sein, wenn das Kind sowas macht? Wo soll das nur enden, wenn es so schon anfängt?

Kollegin Silvia, die immer angenehm durch ihre burschikos-pragmatische Art auffällt, fasste diese Windel-Malaise schon während ihrer ersten Schwangerschaft in einem kurzen Stoßgebet zusammen: „Lieber Gott, bitte mach, dass mein Kind immer kacken kann!“ Besser kann man das eigentlich gar nicht ausdrücken!

Komische Gewohnheiten – herze mich!

Das Herz – Symbol der Liebe, zudem eines der wichtigsten Organe in unserem Körper. Ein gebrochenes Herz ist in mancherlei Hinsicht schlimm und eine herzliche Person hat jeder gern. Zudem ist das stilisierte Herz einfach zu zeichnen und gut zu erkennen – so weit, so gut. Ich akzeptiere die Bedeutung des Herzens durchaus als wichtiges Symbol in unserem täglichen Leben.

Fingerherz

Verbundenheit – Bild zur Verfügung gestellt von miraliki / http://www.pixelio.de

Doch immer wieder sehe ich Schriftzüge, in denen ein Wort durch ein ❤ ersetzt wird. So etwas wie „ ❤ -lich Willkommen“ oder „ -liche Grüße“ sind dabei noch das Harmloseste.

Besonders in der Werbung tut man sich durch ❤ -eritis hervor. Einiges ist noch logisch und verständlich, z. B. die vielgepriesene „Weltstadt mit ❤ “. Das kapiere sogar ich. Auch sowas wie: „Mit ❤ dabei“ kann ich noch recht gut ertragen. Aber einige Slogans sind einfach albern: Da steht dann sowas wie „Wir ❤ Erbsensuppe“, was nicht heißen soll: „Wir herzen Erbsensuppe“, sondern wohl eher „Wir lieben Erbsensuppe“. Unzählige Postkarten, T-Shirts und Taschen sind mit Sätzen wie „I ❤ Frankfurt“ oder „Ich ❤ Opa“, wobei das letztere ja vielleicht wirklich „Ich herze Opa“ heißen könnte – schließlich laden einige Opas geradezu dazu ein, sie zu knuddeln und zu herzen.

Abgesehen von mehr oder weniger seltsamen Druckerzeugnissen ist es derzeit auch in Mode, ein „Fingerherz“ zu bilden: Schwangere machen das mit Vorliebe über ihrem Bauchnabel, andere halten die zusammengelegten Finger gerne vor Handykameras und gucken dabei zumindest bedeutungsschwanger. Dem ❤ ist also kaum zu entgehen – selbst wo keines ist, können zwei Hände eines zeigen.

Und noch während ich diese Sätze schreibe, denke ich an mein allerneuestes Sonderangebots-T-Shirt. Das ist grau und hat einen großen Druck vorne drauf: Mitten auf meinem Bauch prangt dort ein großes, buntes ❤ .

Komische Gewohnheiten – Keine Ahnung

Erdmännchen

Was ist hier los? Keine Ahnung!

Diese Gewohnheit fällt mir immer wieder auf, größtenteils bei jungen Frauen (daher verwende ich im weiteren Verlauf die weibliche Form). Und wenn sich so jemand mit mir unterhält, geht mir das schon nach kurzer Zeit unsäglich auf die Nerven. Sogar so sehr, dass ich der Sprechenden zwischendurch gerne auf den Kopf klopfen möchte. Aber worum geht es eigentlich?

Keine Ahnung: Komische Gewohnheiten 15

Es geht um Gespräche, die eigentlich munter geführt werden, oft sogar regelrecht eifrig, mit der Besonderheit, dass eine der Sprechenden fast JEDEN Satz mit „Keine Ahnung“ beendet. Egal um was es geht:

  • der Wetterbericht: „Es soll schön werden, habe ich gehört, keine Ahnung …“ Was nun, hat sie es gehört oder nicht?
  • Männer: „Franz-Kuno gefällt mir irgendwie, keine Ahnung…“ Ja, wie jetzt, gefällt er ihr oder nicht? Oder will sie sagen, er gefällt ihr, aber sie weiß nicht, warum? Dann könnte sie das doch so sagen.
  • Job: „Heute war es stressig bei der Arbeit, keine Ahnung …“ Was heißt keine Ahnung, weiß sie nicht, warum es stressig war oder ob es überhaupt stressig war?
  • Kleidung: „Ich denke, ich werde mir eine neue Jacke kaufen, die alte wird langsam dünn, keine Ahnung…“ Ja, wenn eine Jacke dünn wird, kann man eine neue kaufen, das muss man nicht rechtfertigen, und besonders viel Ahnung muss man dafür auch nicht haben.

Diese Liste ließe sich unendlich fortführen. Ich frage mich immer, was dieses Rumgeeiere soll. Natürlich kann man mal einen Satz mit „Keine Ahnung“ abschließen, aber man muss doch nicht jede einzelne Äußerung auf diese Weise unverbindlich machen, abwerten, sich selber als Dummchen ohne Ahnung darstellen. Ich begreife nicht recht, was das soll: Haben die Sprechenden Angst, sich durch kernige Tatsachenbehauptungen angreifbar zu machen? Fürchten sie die Diskussion? Haben sie Angst, sich für den Kauf einer neuen Jacke oder für die Zuneigung zu Franz-Kuno rechtfertigen zu müssen? Glauben sie, verantwortlich zu sein, wenn das Wetter wider den Aussagen des Wetterberichts schlecht wird?

Ganz besonders irrsinnig wird es, wenn mehrere Mädchen, die gleich gestrickt sind, sich unterhalten. Sowas hört man oft in der Straßenbahn, zum Beispiel wenn die Medizinstudentinnen an der Uniklinik einsteigen. Da stehen dann drei junge Frauen, sicher klug und gebildet, und haben allesamt keine Ahnung. Diese Unterhaltungen sind absurd, ich habe schon oft überlegt, das mal aufzunehmen:

„Anatomie fand ich total interessant heute, keine Ahnung …“

„Ja, fand ich auch, die Frau Doktor Sowienoch macht das total gut, das kann man sich alles merken, keine Ahnung…“

„Morgen habe ich um acht schon Chemie, ihr auch?“

„Keine Ahnung.“

„Chemie gefällt mir so gar nicht, das mochte ich in der Schule schon nicht, keine Ahnung …“

„Ich mochte das lieber als Physik, boah, Physik, echt, keine Ahnung!“

„Das schlimmste war immer Latein früher, keine Ahnung …“

„Keine Ahnung, wofür man das eigentlich braucht.“

„Ich habe Französisch gelernt, das brauche ich auch nicht, keine Ahnung …“

„Aus der Schule braucht man doch fast nichts: Erdkunde oder Religion, ey, keine Ahnung!“

„Ich hatte keine Religion, ich hatte Werte und Normen.“

„Echt, Werte und Normen? Was ist das denn?“

„Ach, weiß ich auch nicht, ey, keine Ahnung!“

Diese unsägliche Unterhaltung kann sich von der Uniklinik bis nach Bockenheim fortsetzen, ohne auch nur einmal ins Stocken zu geraten. Nichts wird hinterfragt, nichts begründet, denn es hat sowieso niemand Ahnung. Wie bequem. Und wie unheimlich doof!

Manchmal frage ich mich, ob diese Leute diese komische Gewohnheit nochmal ablegen. Aber dazu kann ich bislang leider nichts sagen, denn davon habe ich keine Ahnung.

Komische Gewohnheiten – Katzenohren

In diesem Beitrag tue ich etwas, was man eigentlich macht: Ich urteile über den Geschmack anderer Leute. Eigentlich finde ich so etwas immer sinnlos, denn wer bin ich, dass ich etwas als „geschmacklos“ bezeichne, nur weil es nicht meinem eigenen Geschmack entspricht? Trotzdem kann ich mir diese Gedanken nicht verkneifen …

Komische Gewohnheiten 12 – Katzenohren tragen

Mütze mit Katzengesicht und Ohren

nur eines von vielen Modellen auf dem Hamburger Weihnachtsmarkt

In der letzten Zeit sehe ich immer öfter Erwachsene – größtenteils Frauen – die Mützen mit Katzenohren oder Pandagesicht tragen. Auch Eulen sind beliebt, von diesen komischen gelben Minions mit einem oder zwei Augen ganz zu schweigen. Sogar ganze Jacken gibt es, die z. B. im Tigermuster gestreift sind und Tigerohren an der Kapuze haben. Und ich frage mich: Was bringt erwachsene Menschen dazu, sich derartig sonderbar herzurichten?

Natürlich weiß ich, dass Geschmack etwas sehr Individuelles ist und man daher darüber nicht streiten kann. Folglich habe ich auch noch nie gemeutert, wenn Eltern ihre Kinder mit Ohrenmützen oder Hasenstramplern ausstaffieren, auch wenn ich das persönlich irgendwie albern finde. Das ist wie mit diesen Kinderfotos der Fotografin Anne Geddes, die vor einigen Jahren mal so furchtbar in waren: Viele Leute finden diese Arrangements von „Baby auf Kohl“ oder „Baby mit Schneckenfühlern in Sonnenblume“ ganz bezaubernd, mein Ding ist das nicht. Aber so lange ich mir nicht täglich so ein Kalenderblatt angucken muss, soll es mir egal sein.

Das ist natürlich bei den Erwachsenen mit den Katzenmützen das gleiche, aber hier frage ich mich wirklich, was der Grund für diese Art sich anzuziehen ist. Bei Teenagern mag das ein Gag sein, aber bei erwachsenen Frauen? Wollen die niedlich sein? Warum setzt sich ein vollbärtiger Mann eine Panda-Mütze auf? Und was hat sich diese voluminöse Dame in der Regionalbahn mitten in Ostfriesland gedacht, als sie sich für die Teddyjacke mit Jaguarmuster und Kapuzenohren entschieden hat? Was hat sich der Designer gedacht, als er diese Jacke in dieser Größe designt hat? Der Jaguar ist ein ausgesprochen schlankes Tier, der hat keine solchen Rundungen, und er hat auch kein Teddyfell. Ich musste die Dame während der Fahrt zwischen Emden und Bad Zwischenahn ununterbrochen anstarren, konnte das Geheimnis dieser Jacke jedoch nicht ergründen. Eines aber war für mich ganz klar: NIEDLICH ist sowas nicht. Ganz und gar nicht!