Schön ausgedrückt – Wir und Sie

Lange ist’s her, doch heute gibt es mal wieder ein paar Gedanken zur Sprache. Wir und Sie – das sind zwei kurze Wörter mit sehr großer Macht.

Wir und Sie

„Wie können wir das zulassen?“, fragt der betroffen dreinblickende Schauspieler, der in einem TV-Spot um Spenden bettelt. „Wir brauchen eine einsatzbereite Bundeswehr“, sagt der bierbäuchige Stammtischler, der selber viel zu alt ist, um sich in eine Uniform zu zwängen und in irgendeinem Land durch die Wüste zu rennen. „Wir können uns einen höheren Mindestlohn nicht leisten“, behauptet der Lobbyist, der selber noch nie mit weniger als dem fünffachen des Mindestlohns auskommen musste. Wir, das schafft Nähe, das macht gleich. Zumindest soll es das.

Das genaue Gegenteil des kumpelhaften „Wir“ ist das Distanz schaffende „Sie“, umgangssprachlich gerne verkürzt auf „se“. „Da hinten ham‘ se eingebrochen“, oder auch „den Müll schmeißen se ja doch immer neben die Tonnen“. „Se“, das sind die Schlimmen, die Unanständigen. Die, mit denen „wir“ auf keinen Fall in einen Topf geworfen werden wollen. „Se“, das sind „die“, also die anderen, die außen vor dem „wir“ stehen.

„Und dann wollen se alle nicht arbeiten“, sagen die, die ganz genau wissen, wie die so ticken, die anderen, die nicht dazugehören. Es ist ein einfaches Spiel, das da gespielt wird von den Aufrechten, von denen mit dem guten Blick und der Menschenkenntnis: Die da draußen, die sind nicht wie wir. Die spielen bei uns nicht mit.

Lieblingsgedicht

Vor einigen Tagen wurde darüber berichtet, dass sich der Vorsitzende der AfD, Tino Chrupalla, in einem Interview mit einem Kinder-Reporter der Kindernachrichtensendung „Logo“ nicht mit Ruhm bekleckert habe. Er erklärte dem Jungen, dass in den Schulken wieder mehr über deutsches Kulturgut, insbesondere auch Volkslieder und Gedichte gelehrt werden solle. Als der aufgeweckte Junge dann nach seinem Lieblingsgedicht fragte, fiel ihm keines ein. Also gar keines. Immerhin benannte er als Lieblingsdichter dann Heinrich Heine, was ebenfalls zu Erheiterung in den sozialen Netzwerken führte. Ich habe mich zwar mit Heine noch nicht sooo sehr beschäftigt, weiß über ihn aber genug, um einem Politiker dieser grässlichen Partei gerade diese Neigung nicht so recht abzunehmen.

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Aber darum soll es hier eigentlich gar nicht gehen. Diese Debatte brachte mich selber dazu, darüber nachzudenken, welches Gedicht und welchen Dichter ich eigentlich gesagt hätte. So einfach finde ich das gar nicht. Ohne dass ich diesen Politiker verteidigen möchte, wäre mir zuerst wahrscheinlich auch nichts Gescheites eingefallen, außer vielleicht die fade Made von Heinz Erhard oder „Ein kleiner Hund mit Namen Fips“ von Christian Morgenstern. Das war das erste Gedicht, das wir in der Schule gelesen haben, in der 2. Klasse. Damit hätte ich mich in der Öffentlichkeit sicherlich zum Affen gemacht.

Nach einigen Sekunden des Nachdenkens wäre bei mir aber wohl ein bisschen was gekommen. Mein liebster Dichter ist Rilke, und als erstes Gedicht von ihm fiel mir spontan „Der Panther“ ein. Das haben wir früh in der Schule gelesen und schon damals fand ich, dass da viel drinsteckt. Als ich heute jedoch in meinem Rilke herumwühlte, fand ich eines, dass mir eigentlich schon immer besonders gut gefallen hat – dieses hier:

Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort

Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort.
Sie sprechen alles so deutlich aus:
Und dieses heißt Hund und jenes heißt Haus,
und hier ist Beginn und das Ende ist dort.

Mich bangt auch ihr Sinn, ihr Spiel mit dem Spott,
sie wissen alles, was wird und war;
kein Berg ist ihnen mehr wunderbar;
ihr Garten und Gut grenzt grade an Gott.

Ich will immer warnen und wehren: Bleibt fern.
Die Dinge singen hör ich so gern.
Ihr rührt sie an: sie sind starr und stumm.
Ihr bringt mir alle die Dinge um.

Das Gedicht ist inzwischen rund 120 Jahre alt, die Zeiten und die relevanten Diskussionen haben sich natürlich geändert. Doch derzeit entbrennen täglich viele tausend Diskussionen um Sprache und darum, was die Sprache bewirkt. Mir begegnen zunehmend Personen, die meinen, alles zu wissen, und sich anderen gegenüber als Sprachpolizei aufführen. Ich gebe mich da ja immer recht hartleibig, weil ich der Einschätzung Einzelner, die zu wissen glauben, wie alle anderen empfinden (müssen), nicht so recht traue. Rilkes altes Gedicht scheint mir nach wie vor aktuell zu sein, wenngleich es inzwischen vielleicht weniger um die Entzauberung der Dinge als um die Definition von Zuständen geht.

Dieses Gedicht wurde übrigens auch im von mir so geliebten „Rilke-Projekt“ der Musiker Richard Schönherz und Angelica Fleer interpretiert. Das macht ausgerechnet der unselige Xavier Naidoo. Nun, noch kann ich Kunst vom Künstler trennen und finde, das ist wirklich gut gemacht.

Alliteration mit S

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Bild von Pixabay

Mal wieder ein kleines bisschen Quatsch ohne literarischen Anspruch. Aber mit Alliteration – immerhin!

Susi und Siegfried

Siegfried sah Susi: Sooo süß, sagte sein Spürsinn. Seine Sorgen, sonst sehr stark, starben.

Sanft singend, sachte säuselnd, stimmlich sonor sprach Siegfried: „Sag, sweet Susi-Sonnenschein, Sex sofort?“

Susi spie spontan.

Siegfried seufzte. Schöne Schiete.

Schön ausgedrückt – gnadenlose Alterungsbeschreibungen

Diese Kategorie hatten wir schon lange nicht mehr. Dabei liegt der Beitrag schon eine Weile fertig bei mir herum. Nun, vielleicht hatte ich einfach eine gewisse Scheu, sowas zu veröffentlichen. Doch da ich das eine oder andere auch an mir beobachte, bin ich Betroffene und kann somit hemmungslos darüber reden, über das Thema …

Gnadenlose Alterungsbeschreibungen

Ich habe lange überlegt, ob ich diesen Beitrag überhaupt in die Kategorie „Schön ausgedrückt“ einsortieren sollte, denn wirklich schön sind die Ausdrücke, mit denen oft die sichtbaren Alterungsprozesse bei Mann und Frau bezeichnet werden, nicht. Viele sind umgangssprachlich und eher garstig ausgedrückt, aber sehr deskriptiv und daher oft recht lustig. Und das eine oder andere mag auch durchaus in die Kategorie passen, also belasse ich es dabei.

„Was hast du gesagt?“
Bild von Pixabay

Beginnen wir mit dem, was eine zurückweichende Haartracht besonders bei Männern beschreibt: die Geheimratsecken. Das klingt würdevoll und ist sicherlich auch so gemeint, denn Geheimrat (oder Hofrat in Österreich bzw. Ratsherr in der Schweiz) wurden nur kluge ältere Herren. Laut Wikipedia weisen diese Ecken nicht selten auf eine beginnende Glatzenbildung hin, was noch neutral formuliert ist. Auch der Paterkranz bei Männern, denen die Glatze nach Art einer Tonsur entsteht, klingt noch recht freundlich. Spöttischer klingt da schon „dem kommt das Knie durch“ oder „er lässt sich eine Badekappe wachsen“. Und optimistisch klingt „bei dem kommt die Weisheit durch“.

Besonders viele Veränderungen gibt es natürlich im Bereich des Gesichts: die kleinen Lachfalten um die Augen, die ich bei Männern so attraktiv finde, werden als Krähenfüße bezeichnet, was sie meiner Ansicht nach unnötig abwertet. Denn es gibt doch nichts Schlimmeres, als so ein unbewegliches Botox-Gesicht, dem man auch in Kummer oder Freude nicht ansieht, dass darin etwas lebt. Daher bevorzuge ich gerade bei Lachfalten den Ausdruck Lebenslinien, denn das trifft es viel besser.

Weniger hübsch finde ich die tiefhängenden Schlupflider oder diese stark verschwollen wirkenden Augenpartien, die gemeinhin als Tränensäcke bekannt sind. Dass man auch damit international berühmt werden kann, hat uns Kommissar Derrick eindrucksvoll bewiesen.

Rutscht im Alter die Figur ein wenig durcheinander, wird man also ein wenig mehr um die Mitte herum, wird gerne von einer Wampe, einem Bierbauch oder einem Knödelfriedhof gesprochen. Das trifft so allerdings eher Männer, Frauen sind einfach nur dick. Manchmal werden sie um die Mitte dicker und obenrum dünner, das wird dann mit dem unschönen Ausdruck Hängebrüste beschrieben. Und wenn die Haut an den Oberarmen erschlafft, empfiehlt so mancher selbst ernannte Modeberater den Damen (und nur ihnen!), dass sie keine ärmelfreie Kleidung mehr tragen sollen, damit man das „Schwiegermutterwinken“ nicht so sieht. Herren im Feinripp-Unterhemd sind davon anscheinend nicht betroffen.

Meine Lieblingszone bei den unfreundlichen Alterungsbezeichnungen ist jedoch der Hals: Ein früher einmal schlanker, glatter Schwanenhals mutiert im Alter gerne zum Putenhals – eine zoologische Sensation. Und den schönsten, wenngleich garstigsten Ausdruck benutzten meine ansonsten seriösen Eltern und ihre Bekannten für eine Dame, deren Doppel- oder Dreifachkinn im Alter erschlaffte und sich nach unten bewegte: Da fiel tatsächlich der Ausdruck „Bammelfresse“. Und diesen Ausdruck finde ich schon ganz schön unerhört. Das hätte ich als Kind mal zu jemandem sagen sollen!

Schön ausgedrückt: Hummel, Hummel!

Kürzlich fiel mir dieser alte Schlachtruf der Hamburger wieder ein: „Hummel, Hummel!“ brüllte mein Vater, wenn wir mit dem Zug bei meiner Tante in Hamburg ankamen, und „Mors, Mors!“ lautete die Antwort. Schon als kleines Kind habe ich darüber nachgedacht, was das eigentlich bedeuten soll. Natürlch weiß ich, was ein Mors ist – das ist schlicht die plattdeutsche Bezeichnung für ein Hinterteil. Weiter verfolgt habe ich das aber nicht. Erst am letzten Wochenende fiel mir diese Frage wieder ein, und zwar aufgrund dieses Fotos aus dem Palmengarten:

Pfingstrose mit Hummel

Und so habe ich die allwissende Wikipedia befragt und die Auskunft bekommen, dass dieser sog. „Hamburger Gruß“ auf Johann Wilhelm Bentz, genannt Hans Hummel, zurückging. Dieser war wohl ein eher mürrischer Geselle und wurde häufig von Kindern gefoppt, die ihm „Hummel, Hummel!“ hinterherriefen. Seine Antwort „Mors, Mors“ würde heute wohl so viel wie „Am Arsch, ey!“ bedeuten. Der „Hamburger Gruß“ ist heute nicht mehr gebräuchlich, an ihm erkennt man den bemühten Touristen. Der normale Hamburger grüßt anständig mit „Moin“ – womit auch sonst?

Hans Hummel hatte übrigens den schweren Beruf des Wasserträgers, war in seinen letzten Jahren arbeitslos und starb 1854 verarmt mit 67 Jahren. Er lebt jedoch in zahlreichen Denkmälern weiter, außerdem existieren 100 bemalte Skulpturen von ihm, die 2006 zugunsten von Obdachlosen versteigert wurden. Wenn ich das lese, würde ich mir wünschen, dass die Hamburger ihm zu Lebzeiten genauso viel Respekt entgegengebracht hätten wie nach seinem Tod.

Schön ausgedrückt: Besorgte Bürger

Deutsche Fahne, Flagge, schwarz-rot-gold

Bild zur Verfügung gestellt von Timo Klostermeier, http://www.pixelio.de

In dieser Folge der Reihe „Schön ausgedrückt“ möchte ich mich einmal um eine Begriffsklärung bemühen. Denn derzeit fallen mir starke Unsauberkeiten im Ausdruck auf, und das gefällt mir ganz und gar nicht. Besonders stark ist dies beim Ausdruck „Besorgte Bürger“.

Fangen wir ganz einfach an: Ein Bürger ist laut Duden ein Angehöriger eines Staates oder einer Gemeinde, aber auch ein „Angehöriger des bestimmten Traditionen verhafteten Mittelstandes“. So weit, so gut, das ist erst mal nicht schwer.

Auch der Teil mit der Sorge ist einfach zu verstehen: Besorgt ist jemand, der „von Sorge erfüllt ist“ oder auch „von Fürsorge für jemanden/etwas erfüllt ist“. Das sind also Leute, die sich Gedanken machen, um sich selbst oder um andere, und denen nicht ganz wohl ist bei diesen Gedanken. Sie haben Befürchtungen, dass etwas nicht richtig laufen könnte, dass sie etwas nicht erreichen können, dass die Umstände sich zu ihren Ungunsten verändern. Das ist legitim und sollte thematisiert werden.

Beispiele für besorgte Bürger gibt es viele:

  • Die Mutter, die sich Gedanken macht, ob ihre Kinder die bestmögliche Ausbildung bekommen können, obwohl sie kaum das Geld hat, ihnen die nötigen Schulsachen zu kaufen.
  • Der alte Mann, dessen Miete so gestiegen ist, dass er kaum noch etwas von seiner Rente zum Leben übrig hat.
  • Die Lehrerin, die in ihrer Klasse neben 20 unauffälligen Schülern auch fünf verhaltensauffällige Kinder hat und nicht allen gerecht werden kann.
  • Der Rettungssanitäter, der nie weiß, wann er wieder auf eine irrational entfesselte Meute treffen wird, die ihn bei seiner Arbeit behindert oder gar angreift.
  • Der Schuldirektor, der in Kürze in den Ruhestand gehen wird und weiß, dass es für ihn keinen Nachfolger geben wird.
  • Die Kellnerin, die bald nach einem langen Arbeitsleben in Rente gehen wird und schon jetzt weiß, dass sie von ihrer Rente nicht wird leben können.
  • Der ältere Herr, der sich von den Parteien nicht mehr so recht vertreten fühlt, der aber trotzdem zur Wahl geht, um das kleinste Übel zu wählen und das schlimmste zu verhindern.
  • Und auch: Die alte Dame, auf deren Flur plötzlich nur noch Ausländer wohnen, die sie nicht versteht und deren Kultur ihr fremd ist.

All diese Menschen sind besorgt, zurecht, zumindest von ihrer Warte aus. Es sind anständige Menschen, mit denen man reden kann, die Gesprächen gegenüber offen sind und die, obwohl sie unzufrieden oder ängstlich sind, nicht auf die Idee kämen, andere Menschen zu bedrohen oder zu beleidigen. Anständige Menschen, die es nicht verdient haben, mit anderen, die sich ebenfalls als besorgte Bürger bezeichnen, in einen Topf geworfen zu werden.

Die Abgrenzung der ehrbaren besorgten Bürger zu anderen Gruppen ist nicht so schwierig. Ich will versuchen, das an einigen Beispielen zu verdeutlichen:

  • Der (inzwischen versetzte) LKA-Mitarbeiter (#Hutbürger), der bei einem Aufmarsch von Rechtsradikalen mitlief und dort ein Journalistenteam beschimpfte und bei der Arbeit behinderte, ist kein besorgter Bürger, sondern jemand mit rechtsradikalen Neigungen und Problemen mit dem Grundgesetz (Art. 5 GG regelt ein hohes Gut in unserem Land: die Pressefreiheit).
  • Menschen, die im Internet gegen Flüchtlinge oder Menschen mit Migrationshintergrund mit oder ohne deutschen Pass hetzen, sind keine besorgten Bürger, sondern Rassisten.

Aus Wikipedia: Rassismus ist eine Gesinnung oder Ideologie, nach der Menschen aufgrund weniger äußerlicher Merkmale – die eine gemeinsame Abstammung vermuten lassen – als sogenannte „Rasse“ kategorisiert und beurteilt werden. Die zur Abgrenzung herangezogenen Merkmale wie Hautfarbe, Körpergröße oder Sprache – aber auch kulturelle Merkmale wie Kleidung oder Bräuche – werden in der biologistischen Bedeutung als grundsätzlicher und bestimmender Faktor menschlicher Fähigkeiten und Eigenschaften gedeutet und nach Wertigkeit eingeteilt. Dabei betrachten Rassisten alle Menschen, die ihren eigenen Merkmalen möglichst ähnlich sind, grundsätzlich als höherwertig, während alle anderen (oftmals abgestuft) als geringerwertig diskriminiert werden. Mit solchen Rassentheorien, die angeblich wissenschaftlich untermauert sind, wurden und werden diverse Handlungen gerechtfertigt, die den heute angewandten allgemeinen Menschenrechten widersprechen.

  • Gleiches gilt für Leute, die in einer Diskussion um Wohnungen für Flüchtlinge von diesen nur als „Messerstecher“ oder „strammen Afrikanern, auf die sich die deutschen Frauen schon mal freuen können“ sprechen.
  • Die Menschen, die durch Städte ziehen, Sprüche grölen wie „Ausländer raus“ oder „Deutschland den Deutschen“ sind keine besorgten Bürger, sondern Rechtsradikale, Rechtsextremisten oder einfach Nazis.

Aus Wikipedia: Rechtsextremismusdient als Sammelbezeichnung, um neofaschistische, neonazistische oder ultra-nationalistische politische Ideologien und Aktivitäten zu beschreiben. Deren gemeinsamer Kern ist die Orientierung an der ethnischen Zugehörigkeit, die Infragestellung der rechtlichen Gleichheit der Menschen sowie ein antipluralistisches, antidemokratisches und autoritär geprägtes Gesellschaftsverständnis. Politischen Ausdruck findet dies in Bemühungen, den Nationalstaat zu einer autoritär geführten „Volksgemeinschaft“ umzugestalten. Der Begriff „Volk“ wird dabei rassistisch oder ethnopluralistisch gedeutet.

Reichstag, deutsche Fahne, Flagge

Bild zur Befügung gestellt von Denis Geier, http://www.pixelio.de

  • Menschen, die den Hitlergruß zeigen, sind keine besorgten Bürger, sondern Kriminelle, also laut Duden jemand, der straffällig geworden ist, eine Straftat oder ein Verbrechen begangen hat. Umgangssprachlich bezeichnet man so jemanden auch als Verbrecher.
  • Gleiches gilt für die Personen, die andere Menschen durch die Stadt jagen in der Absicht, diese zu verletzen.
  • Gleiches gilt ebenfalls für Menschen, die einen anderen ohne Notwehrsituation mit Waffen bedrohen, angreifen, verletzen, töten. Dabei ist es nicht von Bedeutung, welche Nationalität Täter und Opfer haben. Es gibt keinerlei Gründe, die so etwas rechtfertigen.
  • Ein öffentlich Angestellter, der einen Haftbefehl in den sozialen Medien verbreitet, ist kein besorgter Bürger, sondern begeht eine Straftat und gehört dafür bestraft.
  • Menschen, die angesichts der Krawalle in Chemnitz Beifall klatschen oder Jubeln, sind keine besorgten Bürger, sondern zumindest Unterstützer dieser Verbrecher, wenn nicht sogar Mittäter.
  • Menschen, die sich wie die alte Dame in Chemnitz grinsend vor eine Kamera stellen und behaupten, Frau Merkel sei schuld an den Krawallen, die habe die ganzen Ausländer ja schließlich geholt, sind zumindest Mitläufer und somit Unterstützer der Kriminellen, auf keinen Fall aber besorgte Bürgerin.

Deutsche Fahne, Flagge, schwarz-rot-gold

Bild zur Verfügung gestellt von Timo Klostermeier, http://www.pixelio.de

Und zum Abschluss noch ein paar Personen, die meines Erachtens erwähnt werden müssen:

  • Polizisten, die Täter schützen und sich gegen Opfer stellen, sind keine besorgten Bürger, sondern haben den falschen Beruf. Im Gegensatz dazu sind Polizisten, die sich trotz riesiger Übermacht gegen den Pöbel stellen und versuchen, Opfer zu schützen und das Schlimmste zu verhindern, wahre Helden, denen man gar nicht genug danken kann. Das gilt natürlich für Männer und Frauen. Ich bewundere diesen unglaublichen Mut und dieses Engagement. Es ist eine Schande, wie diese Personengruppe in diesem Land behandelt und verschlissen wird.

Aus dem Duden: Held

  • (Mythologie) durch große und kühne Taten besonders in Kampf und Krieg sich auszeichnender Mann edler Abkunft (um den Mythen und Sagen entstanden sind)
  • jemand, der sich mit Unerschrockenheit und Mut einer schweren Aufgabe stellt, eine ungewöhnliche Tat vollbringt, die ihm Bewunderung einträgt
  • jemand, der sich durch außergewöhnliche Tapferkeit im Krieg auszeichnet und durch sein Verhalten zum Vorbild [gemacht] wird
  • Ein Ministerpräsident, der das offensichtliche Problem mit Rechtsradikalen in seinem Bundesland leugnet und in den sozialen Medien eine Behinderung der Pressefreiheit als korrekte Handlung darstellt, hat seinen Beruf verfehlt und sollte sich einen anderen Wirkungskreis suchen. Es werden dringend Paketausträger gesucht.
  • Eine „Partei“, die nur hetzt, keinerlei konstruktive Beiträge einbringt und deren „Abgeordnete“ debil genug sind, Artikel des Postillon für ihre rechtsradikalen Argumentationen zu verwenden, hat in den Parlamenten nichts zu suchen und sollte vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Wenn der Verfassungsschutz sich denn dazu durchringen kann …
  • Ein Innenminister, der die angespannte Stimmung im Land durch immer neue fremdenfeindliche Äußerungen immer weiter anheizt, zu gewalttätigen Krawallen dann aber schweigt, ist untragbar. Ein Begriff für ihn, den ich hier veröffentlichen möchte, fällt mir nicht ein. Dies ist ein anständiges Blog, Schimpfworte haben hier keinen Platz.

 

Nachtrag: Es bleibt dabei, dass meine bunte Welt eigentlich ein unpolitisches Blog sein soll. Es ist nur so, dass mir derzeit manchmal die Galle hochkommt. Immer, wenn es heißt, dass man mit diesen Leuten doch nur reden müsse, werde ich ranzig. Diese Krawallmacher und Pöbler bekommen seit Monaten mehr Aufmerksamkeit als alle Krippenkinder in diesem Land. Es reicht.

Schön ausgedrückt – schlüpfrig

Kürzlich saßen wir in lustiger – manch einer mag auch sagen alberner – Runde beisammen und Barbara äußerte das schöne Wort „schlüpfrig“. Das führte zu einer Reihe weiterer Ausgelassenheiten und viel Gelächter. Natürlich dachten wir dabei nur an die eine Bedeutung dieses Wortes. Und dabei hat es doch zwei, von denen eine völlig harmlos ist.

Bild zur Verfügung gestellt von Ibefisch, http://www.pixelio.de

Mein Freund, der gelbe Duden, beschreibt das Wort als eher selten im Gebrauch und es stammt aus dem Mittelhochdeutschen. Das ist erst mal wenig überraschend.

Die erste Bedeutung ist feucht und glatt, ich habe spontan den Rand eines Sees oder einen alten Steg im Sinn. Auch so manches Schwimmbad hat eine schlüpfrige Umrandung, genau wie der kleine Anleger, an dem ich einmal aus einem Kanu stieg und aufstehen wollte, um einer Kollegin auch aus dem Boot zu helfen. Der Untergrund war schlüpfrig und so fiel ich gleich mit Schwung wieder in die Lahn hinein. Gut, dass es von dieser Aktion auf feuchtem Grund keine Fotos gibt.

„Schlüpfrig wie Schneckenschleim“, auch diese Bemerkung über einen unangenehmen Zeitgenossen kommt mir in den Sinn. Hier verbindet sich die Bedeutung von „aalglatt“ mit der Abwertung, die der Duden als zweites anführt, wenngleich diese eindeutig sexueller Natur ist. „Anstößig, zweideutig, unanständig“, heißt es da im Duden, und das war es natürlich, woran wir damals in der Kneipe alle dachten.

Auch die anderen bekannten Wörterbücher geben nicht viel mehr her, doch eine Unterhaltung mit Kollegen, bei denen ich ebenfalls dieses schöne Wort erwähnte, brachte die Assoziation zum „Schlüpfer“ mit sich. Über den wurde auf Meikes bunter Welt bereits berichtet, allerdings auch da nur in einem Nebenstrang. Es scheint das Schicksal des Schlüpfers zu sein, dass er immer nur eine untergeordnete Rolle spielt.

Bild zur Verfügung gestellt von Radka Schöne , http://www.pixelio.de

Etwas anderes passierte mir aber, während ich über diesen Beitrag nachdachte: Ich suchte eine Illustration und weil ich hier im Blog nicht schlüpfrig (2), also anzüglich sein will, brauchte ich ein Foto für schlüpfrig (1): der Glätte. Und dabei fiel mir auf, wie viele wunderschöne Fotos von Schnecken es doch gibt. Diese Tierchen habe ich bislang viel zu wenig beachtet. Ich glaube, ich muss mich demnächst einmal in aller Frühe auf Schneckenjagd machen.

Schön ausgedrückt: Die Hohlhippe

Jeder kennt sie, die wenigsten aber können sie korrekt benennen: Diese komische kleine Keksrolle, die es oft zum Kaffee gibt oder die im Eisbecher steckt. Auch ich lernte erst durch meine Freundin Maike, dass es sich bei diesen Röllchen um sogenannte „Hohlhippen“ handelt. Das hatte ich noch nie zuvor gehört.

Meine Recherche im gelben Duden brachte hervor, dass der Begriff „Hippe“ aus dem Spätmittelhochdeutschen stammt und für ein rundes, flaches Gebäck verwendet wird, dass in noch warmem Zustand gerollt oder geformt wird. Die Verwendung ist nicht übertrieben häufig, aber auch nicht so selten, wie ich es gedacht hatte.

Deutlich ergiebiger noch ist der Artikel auf Wikipedia, den ich sehr lesenswert fand: Für die „Hippenmasse“ gibt es unzählige Rezepte, die jeweils zumindest Eiweiß und Zucker enthalten und immer ein mürbes und splittriges Gebäck ergeben. Dieses Gebäck wird erst nach dem Abkühlen fest, so dass es gebogen werden kann. Es gibt allerhand Hilfsmittel dazu, zum Beispiel Hippeneisen zum Backen und Formen zum Rollen.

Sehr oft werden Hippen gefüllt (deshalb sind sie zumeist hohl) oder zum Dekorieren verwendet. Manche sind auch Traditionsgebäcke wie Neujahrshörnchen, an die ich mich gut erinnere: Bei uns hießen sie Krüllkuchen, hatten die Form von Eiswaffeln und wurden mit Anis gewürzt, was ich nie besonders mochte. Wo unser Krüllkucheneisen geblieben ist, weiß ich gar nicht, wahrscheinlich wurde es mangels Fangemeinde entsorgt.

Interessant fand ich auch die sehr vielen regionalen Varianten dieses Gebäcks, die natürlich mit vielen regionalen Begriffen einhergeht. So werden die nüchternen (Hohl-)Hippen manchmal zu Klemmkuchen, Piepkuchen oder Cigarette russes, und auch in der Schweiz gibt es „Hüppen“.

Nachdem ich mich nun so ausgiebig mit den Hohlhippen beschäftigt habe, bekomme ich beinahe Lust, welche zu backen. Ohne doofen Anis natürlich – lieber mit Zimt oder Vanille. Ich glaube, die ewige Antje hat so ein Gerät, vielleicht sollte ich das einmal ausleihen.

 

Nachtrag 1: Von Helge Schneider gibt es noch einen Roman mit dem feingeistigen Titel: „Zieh‘ dich aus, du alte Hippe“. Ich habe das Werk nicht gelesen, gehe jedoch nicht davon aus, dass der Roman von Keksen handelt. Im Duden gibt es noch zwei weitere Bedeutungen für die Hippe: Zum einen ein Werkzeug, zum anderen eine Ziege oder streitsüchtige Frau. Das sollte es in diesem Zusammenhang wohl treffen.

Nachtrag 2: In meiner Kindheit hatten wir tatsächlich so ein Klemmeisen zuhause. Es war von meinem Vater selbst gefertigt worden und hing im Treppenhaus, ich wusste nie so recht, was das eigentlich ist. Zum Backen haben wir es nie benutzt, wir hatten ein elektrisches Krüllkucheneisen.

Schön ausgedrückt: Die Kulturtasche

Als ich etwa vier oder fünf Jahre alt war, bekam ich zu Weihnachten eine Kulturtasche. Ich habe mich damals sehr über das Geschenk gefreut und feierlich die ganzen kleinen Zubehörteile ausgepackt: Die Seifenschale, die Zahnbürste in einer Hülle, den Zahnbecher … Mit dem Begriff aber konnte ich nichts anfangen, eine ganze Weile war das Ding für mich eine Kultertasche – was kümmerte mich auch die Kultur.

Über die Entstehung des Begriffs gibt es im Netz erstaunlich wenig zu finden: Laut Wikipedia ist er erst seit Mitte des 20sten Jahrhunderts im Gebrauch, auch werden die Begriffe Kulturbeutel oder – natürlich – Waschbeutel verwendet. Der gelbe Duden gibt sich noch sparsamer, er hat die Kulturtasche gar nicht, sondern begnügt sich mit dem -beutel.

Ich hätte es ja interessant gefunden, zu erfahren, wie der Begriff zustande kam – was hat die Kultur mit der Körperpflege zu tun? Darüber ist nirgends etwas zu finden. Freundin Roswitha erklärte es gewohnt pragmatisch: „Das heißt so, weil sich Waschen etwas mit Kultur zu tun hat“ und jemand anders behauptete: „Kultivierte Menschen waschen sich.“ Na gut. Aber dann hätte es der einfache Begriff „Waschbeutel“ auch getan.

Viele gibt dieses Wort, das mir als Kind so viel Mühe machte, also nicht her. Interessant ist jedoch, wie es in anderen Sprachen heißt. Laut Wiktionary sagen die Dänen „toilettaske“ und die Engländer „toilet bag“, die Franzosen bemühen das auch hier teilweise bekannte „necessaire de toilette“ und auf Italienisch sagt man „beauty case“. Und in der mir bis heute unbekannten südfranzösischen Sprache Okzitanisch sagt man angeblich: „troça am çò necessari per viatjar“ – wenn das mal nicht kultiviert klingt!

Schön ausgedrückt – Einen im Tee haben

Eigentlich wollte ich diesen kleinen Beitrag unter der Kategorie „Fundstücke“ posten, denn es ging mit ursprünglich nur um dieses Foto, das sich mir im Borkum-Urlaub aufdrängte. Ich trank dort nämlich nicht immer nur Baileys-Kaffee, es gab auch manchmal Tee.

Und mehr als einmal hatte ich einen im Tee – manchmal auch aufgrund von zuviel Kaffee. Denn die alkoholischen Kaffeespezialitäten, besonders der vormittäglich genossene doppelte Pharisäer, ließen mich ein bisschen angeschickert über die Insel spazieren. Genau dafür steht der Ausdruck „einen im Tee haben“. Und deshalb steht dieser Beitrag nun unter „schön ausgedrückt“.

Natürlich habe ich wie immer nachgegooglet: Woher stammt dieser merkwürdeige Ausdruck? Und ist das tatsächlich bekannt, oder wird das nur in meiner norddeutschen Heimat verwendet? Zu meiner Verblüffung gibt es reichlich Fundstellen im Netz:

Übersetzt wird der Ausdruck im „Universallexikon“ mit „Leicht betrunken sein“, seine Herleitung wird von der norddeutschen (!) Gewohnheit, Tee mit Rum anzureichern (!) erklärt. Umgangssprachlich sei er, fügt der Redensarten-Index hinzu. Nun, darauf wäre ich von selber gar nicht gekommen, aber manchmal ist es gut, etwas schriftlich zu haben. Und Wiktionary hilft noch mit einigen Synonymen aus: „Einen in der Krone haben“ kannte ich, ebenso „einen über den Durst getrunken haben“, wobei das schon eher auf Volltrunkenheit schließen lässt. Sehr gut gefiel mir allerdings die mir bislang unbekannte Redensart „einen zuviel auf die Lampe gegossen haben“ – da kam in meiner Vorstellung sofort ein großer Dschinn aus einer alten Petroleumlampe, und genau dass ist es ja, was einem manchmal passiert, wenn man einen im Tee hat.