Heute habe ich mich in einer Playlist verloren – in einer schnöden Playlist von Amazon Music. Sowas höre ich gerne, wenn ich in der Küche herumwerkle, denn da habe ich kein Radio und lasse stattdessen das Handy dudeln. „Retro Frühling“ hieß die Zusammenstellung heute, und genau das war enthalten. Bob Dylan, Gordon Lightfood, die Beatles und die Beachboys – alles alte Bekannte, die mich dazu brachten, beim Obst schnippeln fröhlich mitzujodeln. Doch dann kam der Boss.
Ich höre Bruce Springsteen schon immer recht gerne, habe es aber nie soweit gebracht, mir etwas von ihm zu kaufen oder ein Konzert zu besuchen. Ich erinnere mich aber daran, dass wir früher bei unseren Spiele- oder Grillabenden auch oft das Radio anhatten – zum Beispiel die Sendung „Nightrock“ auf Radio ffn. Und irgendwann kam dann immer „The River“., diese alte Balade aus dem Jahr 1980. Das war damals das Lieblingslied eines Freundes, der dann ganz rührselig wurde. Und das wurde ich heute auch. Denn heute – ausgerechnet heute – hätten wir uns eigentlich in der Nähe von Hannover treffen wollen, um den 10. Hochzeitstag eines Paares aus der Kohlfahrtsrunde zu feiern. Gewiss wären auch viele Leute gekommen, die ich nicht kenne, doch ich habe mich auf meine alten Freunde gefreut. Corona sei Dank ist das verschoben worden.
Vernünftig, ja sicher. Aber heute in meiner Küche war mir gar nicht nach vernünftig zumute. Ich sah uns wieder dort sitzen, jung und unbefangen, an manchen Abenden deutlich jenseits von angetrunken. Darauf hätte ich heute auch Lust gehabt – schon am Nachmittag anfangen zu saufen, den Abend gemütlich passieren lassen, irgendwann ein „Croque“ vom Baguetteladen, denn Sushi war damals noch nicht drin. Bier oder Wein, auch hier eher billige Ware, Chips und Schokorosinen. Heute gibt es andere zu schnabulieren. Doch der Ablauf hätte mir heute gefallen. Ich wurde wehmütig. Der Rest der Playlist löste derartige Emotionen nicht aus und das das Kompott köchelte, war ich bereits wieder heiter. Aber es ist schon seltsam, was für starke Emotionen so ein altes Lied auslösen kann.
Ob „The River“ für den alten Freund noch immer solche Bedeutung hat, weiß ich gar nicht. Aber ich weiß, dass ich ihn und die anderen heute gerne gesehen hätte. Eine Feier, bei der es so richtig kracht, das hätte ich gerne mal wieder. Naja – aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Wird schon werden. Heute schickere ich mir alleine einen an. Das tue ich selten, aber ich glaube, heute geht was. Hergen und Kathrin, danke für die Einladung – ich komme, wann immer ihr wieder ruft. Und dieser Wein ist für euch!