Das Monster im Klo

Fische, Zähne

Gefährliche, bissige Zahnfische an der Ostsee

Dieser Vorfall ereignete sich schon vor einigen Monaten, genau genommen im März 2016. Ich brauchte einige Zeit, um das Erlebte zu verarbeiten, und fühle mich erst jetzt stabil genug, um es niederzuschreiben. Denn hier wurden Urängste, die lange überwunden zu sein schienen, wieder zum Leben erweckt.

Eigentlich war es ein sehr schöner Tag gewesen: Ich war mit meiner Schwester an der Ostsee, wir waren touristisch unterwegs (in Travemünde, glaube ich) und ließen den Abend in einem guten Fischrestaurant ausklingen. Auch dort war alles so, wie es sein sollte: lecker Fischplatte, Weißwein und Mineralwasser. Und es kam, wie es kommen musste: Ich musste.

Toiletten in Restaurants sind ja oftmals ein Abenteuer, und so war es auch in diesem Fall. Zwar war die Anlage an sich sauber und ordentlich, aber man musste da erst mal hinkommen: Quer durch’s Lokal, hinter der Theke links, durch die Tür raus, rechts, die Treppe runter, einen finsteren Gang entlang, nochmal ums Eck – und irgendwann war man da. Ich wählte eine Kabine und machte, was gemacht werden musste.

Als ich fast fertig war, ertönte ein Knall: Irgendjemand – oder irgendetwas? – hatte ganz offensichtlich die Tür zum Waschraum ausgerissen, eingetreten oder auf andere Weise aus den Angeln gehoben. Ich erschrak fürchterlich – Feueralarm? Doch statt einer Sirene hörte ich, wie etwas die Kabine neben mir besetzte. Unter furchtbarem Schnaufem, Stöhnen und Grunzen passierte dort etwas Fürchterliches – aber was? Ich hatte Angst und erinnerte mich daran, dass ich als Kind auf unbekannten Toiletten immer gefürchtet hatte, etwas könnte von unten kommen, mich am Hintern packen und in die Kanalisation zerren. Das mit dem Reinzerren ist inzwischen nicht mehr so einfach, schließlich bin ich etwas mehr geworden, aber die unheimlichen Geschehnisse nebenan ließen mich erstarren. Ein Rauschen wie von einem Wasserfall, jämmerliches Jaulen einer gequälten Kreatur – meine Ohren begannen zu bluten. Nur langsam konnte ich mich dazu durchringen, mich zu erheben, meine Hose hochzuziehen und zu spülen. Oder wäre es vielleicht klüger, nicht zu spülen, um keine Aufmerksamkeit zu erregen? Ich beschloss, den Spülknopf zu drücken und zeitgleich aus der Kabine zu stürzen, dann ohne die Hände zu waschen aus dem Waschraum zu stürmen und laut nach Hilfe zu rufen. „Ein Monster! Ein Monster! Ein Monster ist in der Damentoilette, zu Hülf, zu Hülf!“ Ich stellte mich zurecht.

Und dann ging alles ganz schnell: Ich schlug auf den Spülknopf und riss die Tür auf. Zeitgleich hörte ich das Spülen aus der anderen Kabine und auch diese Tür öffnete sich. Ungelenk stießen wir zusammen, das Monster und ich, verkeilten uns zwischen Waschbecken und Tür. Ich wollte schreien, doch machte nur atemlos „Phhhüüü“. Und das Monster lächelte. Das Monster war eine Frau. Es sah aus wie eine ganz normale Frau der Sorte „ältliche norddeutsche Bauersfrau“. Es lächelte und ließ mir am Waschbecken den Vortritt. Dabei versuchte es sich im Smalltalk: „Mensch, war das eilig. Ich dachte, ich schaff’s nicht mehr. Kennen Sie das auch, dass Sie so dringend müssen, dass Sie an nichts Anderes mehr denken können?“ Ja, danke, das kenne ich auch. Habe ich schon erlebt, sowas. Aber ob ich dabei auch solche unheimlichen Geräusche von mir gebe, weiß ich nicht. Eigentlich will ich es nicht hoffen.

Ich verließ den Waschraum recht eilig, denn so ganz traute ich dem Braten noch nicht. Man hat ja schon was von Körperwandlung gehört und so – nach vorne Bäuerin und hintenrum Tyrannosaurus Flex. Ich schlief sehr schlecht in jener Nacht.

2 Kommentare zu “Das Monster im Klo

  1. Toiletten haben etwas. Das erinnert mich an meine eine Cousine. Ich glaub das war bei IKEA oder ähnlichem…..sie musste dringend und wie es so ist,alles besetzt und Warteschlange bis sonst wohin. Nachdem sie endlich dran war, gingen schlagartig alle Türen auf und sämtliche Leute verließen fluchtartig die Toiletten. ….meine Cousine kam erleichtert zurück…..😨

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