In Pandemie-Zeiten stricke ich deutlich mehr als sonst und neben den üblichen Socken laufen noch immer die Projekte „Bestandsabbau“ und „Resteverwertung“. Dazu wollte ich etwas Neues lernen und mich mal an einem Raglan-Pulli versuchen. Das sind diese Oberteile, die nicht aus vier mehr oder minder rechteckigen Teilen bestehen, sondern die mit Schrägungen gearbeitet werden, sodass das Muster „eckig um die Schultern läuft“. Man kann das von oben oder von unten machen, alle Teile einzeln stricken oder alles in einem Stück.
Als Material suchte ich mir einen meiner merkwürdigen Restbestände aus: Vier Einzelknäule einer jeweils einfarbigen Schachenmayr Sockenwolle mit Baumwolle und Stretch, die eigentlich mal ein Kinderpulli hatten werden sollen. Bei der Größe, die das Kind inzwischen hat, hätte das jetzt nur noch für Ohrenwärmer gereicht. Hinzu kamen jeweils zwei Knäule in gelb-bunt und rot-bunt der Marke Bärengarne. Das sollten mal Schals werden. Diese Karriere blieb der Wolle verwehrt, sodass sie hier ebenfalls ihren großen Auftritt haben sollte. Als Muster wählte ich einfache Streifen, denn wenn ich mir schon mit einer unbekannten Stricktechnik die Finger brechen würde, sollte nicht unbedingt noch ein schwieriges Muster dazukommen.
Ich entschied mich für eine Raglan-Mischform, strickte zunächst Vorder und Rückenteil bis zum Beginn des Armausschnitts sowie zwei kurze Ärmelchen (ich trage gerne Dreiviertelärmel, die passen zu fast jedem Wetter). Dann hängte ich alles zusammen auf eine lange Rundnadel. Puh, was ein Geschlacker – 580 Maschen waren das insgesamt. Und dann kämpfte ich mich durch diese unendlich langen Reihen und nahm schön gleichmäßig in jeder zweiten Reihe 8 Maschen ab. Das war eigentlich nicht schwierig. Trotzdem wird das eher nicht meine Lieblingstechnik, denn obwohl die Wolle fein und entsprechend leicht war, lag das ganze Gedöns doch irgendwie schwer auf der Nadel.
Etwas geärgert hat mich zum Schluss der Halsauschnitt: Zuerst war er viel zu groß. Ich musste beim Anprobieren an eine Verwandte denken, die grundsätzlich nichts, was mal fertig war, wieder aufgeribbelt und neu gemacht hat, wenn es nicht saß. Sie zog es vor, eine Kordel durch derartige Ausschnitte zu ziehen und das Werk mit einer Schleife auf die richtige Größe zurechtzuschnüren. „Kannst ja ein Band durchziehen“, war bei uns zuhause ein geflügeltes Wort, und das war nie als ernstzunehmender Ratschlag gemeint. Also ribbelte ich zum ersten Mal, strickte noch drei Streifen, kettete nochmal ab. Gut, es passte besser, aber der Ausschnitt klappte sich irgendwie ein. Ich vernähte den Faden trotzdem und redete mir ein, dass sich das am Hals schon zurechthängen würde. Die Tatsache, dass ich den Pulli im Wohnzimmer liegen ließ und auch den Rest der rot-bunten Wolle nicht wegräumte, zeigte mir deutlich, dass das noch nicht das Ende dieser Geschichte war. Heute morgen fummelte ich also die Blende nochmal auf und strickte sie mit einigen Abnahmen neu. Und ja, jetzt passt es. Die Fäden sind vernäht, heute Nachmittag ziehe ich ihn an.
Nachtrag: Das gute Stück kratzt übrigens. Das hätte ich von der Wollmischung nicht erwartet, aber ich bin es gewohnt, dass meine empfindliche Haut bei Strickzeug gerne meckert. Es gibt also man wieder hochgeschlossenes Unterzeug drunter – ist ja genug davon im Schrank.
Nachtrag 2: Ich habe natürlich auch darüber nachgedacht, ob ein Ringelmuster das richtige ist für meine Pummelfigur. Man sagt ja, das sei nicht so. Egal – ich mag Ringel. Und ich finde, mein Pulli kleidet mich gut.
Sieht hübsch aus. Ist Raglan wieder „in“? Ich erinnere mich, dass es vor 60 Jahren die Ärmelform nach Lord Raglan große Mode war. Meine Mama hat meinem Papa und mir auch ein paar von der Sorte gestrickt. Für Vater und Sohn gar im Partnerlook.
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Im Partnerlook – wie drollig 😉 Und ja, ich glaube, es ist wieder IN. Man sieht oft solche Muster und auch Rundpassen mit durchgängigem Einstrickmuster.
Stricken ist wohl insgesamt wieder angesagt. Es ist pandemietauglich.
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Der Pullover gefällt mir sehr! Ich wollte auch immer schon mal (wieder) einen Raglanpulli stricken, habe mich aber noch nicht aufraffen können, mal sehen, vielleicht klappt es jetzt und ich nehme mir ein Beispiel!
LG Regina
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Ich bin kein Fan von Raglan, was wohl an einem Pullover liegt, den mir meine Mutter mal gekauft hatte. Übergröße (war damals Mode) und durch die Raglannähte sah der immer aus, als wär der nach vorne gerutscht. Dazu war der apricotfarben.
Aber ich mag deine Farbkombi, die ist echt super gelungen. Musstest du viele Fäden vernähen oder hast du die mitgeführt? Ringel sind toll.
Wenns kratzt, bin ich raus. Bin da total empfindlich, einzig an den Füßen geht solche Wolle (sofern sie an der Wade nicht zu hoch geht, da zerkratze ich mich). Manchmal verliert sich kratzen aber, wenn man das Strickstück mehrmals wäscht.
LG von TAC
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Oh ja, Tac, ich musste viele Fäden nernäht. ich habe die von einem Farbblock immer mitgeführt, aber dann abgeschnitten. Das heißt, pro Farbblock vier Fäden vernähen – das hat sich geläppert.
Diese Übergrößen-Pullis sehen nur in den seltensten Fällen gut aus. Aber oft sind sie gemütlich – immerhin etwas.
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Oh, da hast du mein vollstes Mitgefühl, so viele Fäden…
Du hast Recht, ich hab ne Übergröße – Jacke, die mag ich sehr.
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Sehr hübscher Pullover 😁. Lg,SanDra
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Danke schön!
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