Noch nie hat sich mir der Sinne des Anziehens von Bäumen erschlossen. Eine Zeitlang war es groß in Mode, alles, was einem unter die Nadel kam, einzuhäkeln oder -stricken. Schon früh sah man das vor Handarbeitsläden, dort stand gerne mal ein in Wolle gehülltes Fahrrad, oder die Blumentöpfe auf der Fensterbank trugen so eine Art Strumpf. Nun gut, von mir aus, damit kann man ja zeigen, was dieser Laden so bietet. Oft war das sogar sehr schön gemacht.
Doch diese seltsame Mode setzte sich fort, plötzlich fanden es viele Leute toll, ihre Umwelt zu behäkeln oder einzustricken. Ganze Gruppen trafen sich, manchmal sogar unter dem Motto „Unsere Stadt soll schöner werden“. Das fand ich noch ganz witzig, wenn einem Reiterstandbild ein Schal umgelegt wurde oder wenn die nackerte Brunnenschönheit plötzlich einen Pullover trug. Wurden Brückengeländer oder Laternenpfähle ummantelt, gefiel mir das schon weniger. Ich dachte mir aber, dass es für die werkelnden Leute vielleicht ein schönes Gemeinschaftserlebnis gewesen sein könnte. Man muss ja auch gönnen können.
Doch wenn aus mir völlig unerfindlichen Gründen Bäume eingekleidet werden, befremdet mich das total. Zum einen finde ich das überhaupt nicht schön und zum anderen glaube ich nicht, dass den Bäumen das gut tut. Hinzu kommt, dass das Material sicher auch irgendwie anders verwendet werden könnte. Ich weiß natürlich, dass es immer schwierig ist, etwas Vernünftiges aus Wollresten zu machen, aber was Schöneres als Socken für Bäume sollte einem doch einfallen.
Zuletzt begegnete mir diese unselige Baumeinstrickerei in einem Biergarten – ich habe vor lauter Schreck aber vergessen, wo der war. Man konnte dort sogar Wolle und Nadeln ausleihen. Überall rund um die Tische hingen diese ausgeblichenen, feuchten, zerschlissenen Lappen im Geäst – Schreck und Graus! Ich stricke wirklich gerne, aber dort habe ich es mir verkniffen. Nenene, so‘n Schiet, damit fange ich gar nicht erst an.
Da lob‘ ich mal den Eisenbaum. Der kann sogar sprechen:https://www.regionalpark-rheinmain.de/portfolio-item/der-eisenbaum/
LikeGefällt 1 Person
Danke für den Link, Philipp. Den kannte ich noch nicht.
LikeLike
Da bin ich ganz bei dir, Meike. Ein eingehäkeltes Fahrrad oder wie vor einem Wollgeschäft in meiner Nähe ein Holzbalken ist eingehäkelt ganz witzig.
Bäumen schadet das sogar, hab ich mal gelesen. Weil die Wolle die Feuchtigkeit zu lange hält. Ein Baum sollte nur in Rinde gehüllt sein, das reicht.
LG von TAC
LikeGefällt 1 Person
Mir tut es auch echt leid um die Wolle. Dann stricke ich eher irgendwas und spende es für den guten Zweck, bevor ich die Natur eintüte.
LikeGefällt 1 Person
Ja, das ist eine Art von Verschlimmschönerung, die ich auch nicht verstehe. Dann doch lieber Standbilder oder das eigene Heim bestricken. (Stell dir vor, eine riesige Spinne würde die Stadt so bunt einweben. DAS wäre ein Hammer.)
LikeGefällt 1 Person
Das stimmt allerdings. Vielleicht könnte man daraus eine Horrorgeschichte machen 🙂
LikeLike
So ein Blödsinn, ich verstehe dass nicht wozu so etwas nützen sollte. Wo sich viele Menschen vielleicht über ein Knäul Wolle freuen würden. Haben die eigentlich nichts anderes zu tun ?????
LikeGefällt 1 Person
Mit den Bäumen hast Du total Recht. Bei unbelebten Objekten sehe ich es anders. Die Häkeleien laufen ja unter Street Art und Kunst muss nicht immer schön sein. Das dabei Material verbraucht wird, ist klar. Aber auch ok, finde ich. LG, Stefanie
LikeGefällt 1 Person
Ja, bei unbelebten Gegenständen sei es mir noch egal. Aber schön finde ich es zumeist nicht. Ich finde allerdings auch viel an Kunst nicht schön. Darfst mich Banause nennen 🙂
LikeGefällt 1 Person
Nee, nee, mach ich nicht. Ist doch super, wenn Kunst zum Widerspruch einlädt!
LikeGefällt 1 Person