Nachhaltige Handtuchwirtschaft

Eigentlich bin ich ein ziemlich ausgeglichener Mensch. Mein Glas ist immer mindestens halb voll, sowas nennt man wohl Optimismus. Doch ab und zu trübt ein Wermutstropfen mein ansonsten heiteres Ich, und zwar immer dann, wenn ich mein Badezimmer betrete: Denn ich bin mit meiner Handtuchsituation unzufrieden.

Ich bin in meiner Jugend noch mit einer Aussteuerkiste gesegnet worden, ein Umstand, den ich nach wie vor nur halbgut finde. Ja, man musste nicht alles kaufen, als man auszog, man wurde ausgestattet. Mit Besteck, Geschirr und Handtüchern. Noch immer bin ich mit Aussteuerhandtüchern eingedeckt, in dekorativem 80er-Jahre-Pastell, das mir noch nie gefiel. Meine Handtücher sind größtenteils über 30 Jahre alt und sehen auch so aus. Aber sie sind noch gut. Sie erfüllen ihren Zweck: Man kann sich damit abtrocknen. Handtücher müssen keinen Schönheitspreis gewinnen.

Sie sehen grauslich aus. Schön waren sie nie, nun sind sie alt und verwaschen.

Haben will die sicher niemand mehr. Sie einfach wegzuwerfen wäre Verschwendung und nicht nachhaltig. Es gibt auch keinen rationalen Grund dafür. Ja, gut, irgendwann wird auch der beste Stoff mal alt, aber soweit sind sie noch lange nicht. Mein ältestes Handtuch ist älter als ich, es gehörte Paula. P. Möhle ist eingestickt, alt und verblichen, aber noch lesbar. Paula starb 10 Jahre vor meiner Geburt, bislang habe ich ihr großes Saunatuch in Ehren gehalten. Sollte ich das nun ändern, nur aus geschmäcklerischen Befindlichkeiten heraus? Ist das nicht entsetzlich oberflächlich? Doch, das ist es, ganz bestimmt. Ich habe schon die Handtücher von Großtante Martha heimlich weggeschmissen, die bei all ihrer furchterregenden Scheußlichkeit eine ausgezeichnete Qualität hatten. Mit denen hätte man sicher noch meinen Sarg muckelig auspolstern können.

Aber ist es denn unziemlich, Handtücher haben zu wollen, die einem gefallen, bevor man 50 ist? Ich bin 47, bis dahin ist natürlich noch viel Zeit. Ich kann es ruhig angehen lassen mit der Entscheidung. Niemand drängt mich dazu.

Der Zoo nimmt gebrauchte Handtücher, hat man mir erzählt. Für die Affen zum Spielen, und zum Einmummeln von Tierbabys. Das wäre doch schön für meine alten Walkfrottiertücher, da könnte auch Paula nichts dagegen haben. Und auch Tante Hilde nicht, die mir zur Konfirmation das beigefarbene Frotteewunder mit dem aufgedruckten Biedermeierstrauß zukommen ließ. Das wäre doch ein Kompromiss. Und fast nachhaltig. Vernünftiger, als diese völlig intakten Haushaltstextilien einfach in einen Sack zu stopfen und zu entsorgen, auch wenn das schneller ginge und viel praktischer wäre.

Vielleicht sollte ich den Scheiß einfach wegschmeißen. Ich will neue Handtücher!

14 Kommentare zu “Nachhaltige Handtuchwirtschaft

  1. MACH ES! SCHMEISS WEG!( Haben es in den letzten 40 Jahren mehrmals getan. Wir genießen dann immer mal wieder Kuscheliges, neue Farben, alte werden verschenkt an Hundebesitzer, die nach regnerischem Gassigehen ihren Hundi abrubbeln müssen-) Und wenn du sie einfach wegschmeißt, freue dich über die neuen!

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  2. In unserem Bad stapeln sich die Handtücher, mit denen ich (da waren sie schon gebraucht) damals von zu Hause ausgezogen bin – und das älteste Stück ist eines, das mein Großvater damals im Altersheim hatte, der ist seit mehr als zwanzig Jahren tot, und das Ding fühlt sich noch an wie neu. Richtig hübsch ist keines von ihnen, aber ich ersetze nur diejenigen, die fadenscheinig werden, durch bunte Einzelstücke.

    Man kann Handtücher übrigens auch einfärben, falls es bei dir nur an der Farbe scheitert … so ein schönes Orange, Rot oder Blau morgens im Bad ist doch auch etwas Feines. So erträgst du die Tücher vielleicht noch die nächsten zwanzig Jahre. ^^

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  3. Ich hab meine alten bunten Handtücher auch schon ewig. Und mein Gemahl brachte noch mal genau so viele mit. Das ist wie mit den Monoblock-Gartenstühlen: Die hat jeder, die gehören zum Leben dazu.

    (Ehe einer fragt: Nein, ich will keine neuen Handtücher 🙂 )

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  4. Ich finde man darf auch mal was Neues haben! Bei mir war’s ja auch so. Ich hab dann immer die scheußlichen raus und als putzlappen verwendet oder so was und dann durch neue ersetzt, die inzwischen auch schon wieder alt geworden sind. Die „Tante Marthas“ habe ich damals Inga mitgegeben (gemein oder), die hat sogar noch einige.

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  5. Ich habe meine Aussteuer erst zur Hochzeit erhalten. Vorher musste ich selbst kaufen. Einige der Aussteuertücher liegen noch immer unbenutzt im Schrank! – Ach ja, zur Hochzeit bekamen wir natürlich auch noch Handtücher, obwohl wir ausdrücklich darum gebeten hatten, keine zu schenken. 🙂

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  6. Einfärben würde ich auch vorschlagen. Aber meistens bringt das ja auch nichts weil nicht nur die Farbe sondern auch irgendwie die Gefühle diesen Handtüchern gegenüber das Problem sind. Verschneiden und Putzlappen draus machen? Und ansonsten wirklich irgendwo spenden wo sie gerne genommen werden! Ich finde es zwar auch wichtig, Dinge nicht einfach wegzuschmeissen aber wenn du mit den Handtüchern unglücklich bist haben sie nichts mehr in deinem Haushalt zu suchen!

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