Prokrastination: Eimer ohne Lappen

Wie schon ab und zu einmal erwähnt, bin ich nicht besonders beflissen, was die Erledigung von Hausarbeit im Allgemeinen und schlechthin so angeht. Teilweise könnte ich mir selber in den Hintern treten, wenn ich feststelle, dass wieder das ganze Geschirr auf der Spüle statt in der Spülmaschine steht, oder wenn mir aus dem großen Wandschrank etwas entgegenfällt, weil selbst dieses Riesending irgendwann voll ist, wenn man immer nur reinstopft. Ich bringe es auch fertig, drei Tage lang über einen fast fertig ausgepackten Koffer zu steigen und mir dabei die Zehen anzustoßen, nur weil da noch drei Teile „Bodensatz“ drin sind und ich keine Lust habe, die wegzuräumen. Ja, ich bin nicht besonders ordentlich.

Gestern aber hat es mich gepackt. Ich wollte mal so richtig was machen – schließlich ist es nicht mehr heiß. Zwar fühlte ich mich nicht besonders gut – der Wetterumschwung war wohl doch zu heftig – aber nach Vormittagsschläfchen und Mittagspause kam ich doch ein ganz bisschen in Schwung. Ich saugte und fegte – denn der Sauger wollte einfach die Erdnüsse nicht wegsaugen, die seit drei Wochen unter dem Esstisch lagen. Ob die inzwischen angewachsen waren? Und ob ich auch noch staubwischen sollte? Lebe wild und gefährlich, Meike!

Doch zuerst betätigte ich mich handwerklich: Ich schraubte eine herumhängende Schranktür wieder fest. Die hing zwar schon seit Monaten und eigentlich störte mich das nicht wirklich, aber seit neuestem knackte sie auch noch, wenn man sie bewegte. Ich wollte sie nicht irgendwann auf dem Fuß haben, also wurde ich tätig. Netto dauerte es zwei Minuten, brutto vielleicht eine Viertelstunde – denn ich musste im großen Wandschrank erst mal einen Kreuz-Schlitz-Schraubendreher finden. Seitdem mein Werkzeugkasten aus dem Regal gekippt ist und seinen Inhalt auf den Boden erbrochen hatte, ist das mit dem Werkzeug finden gar nicht mehr so einfach, aber ich siegte schließlich. Der Schrank ist wieder schick.

Sollte ich also doch noch staubwischen? Es schien mir nötig. Aber Lust hatte ich nicht. Lieber erst mal facebooken, ich musste der Welt doch erzählen, dass ich eine Schranktür angeschraubt hatte. Und mal wieder mit Harry telefonieren. Bei dem war es früher auch manchmal staubig, der hatte Verständnis für mich. Und dann noch einen Kaffee trinken. So ging der Nachmittag dahin.

Am frühen Abend raffte ich mich auf und füllte meinen grünen Eimer mit Wasser. Ich prüfte akribisch, ob der auch dicht war, denn bei meiner letzten Putzaktion hatte ein defekter Eimer mir nicht nur die ganze Wohnung vollgeplempert, sondern mir auch noch tagelang den Ohrwurm „Ein Loch ist im Eimer, oh Otto, oh Otto“ beschert. Sowas will man nicht öfter haben! Der Eimer aber hielt dicht und ich stellte ihn auf den Wohnzimmertisch.

Ein Lappen fehlte noch. Ich trabte in die Küche, um einen zu holen. Unterwegs hatte ich vergessen, was ich wollte, bröttelte etwas herum und lief zurück ins Wohnzimmer. Ach ja, der Lappen! Wieder in die Küche. Erst mal zwei Bier in den Kühlschrank gestellt, denn wer konnte schließlich wissen, wie durstig ich vom Arbeiten noch werden würde. Ein wenig Altpapier weggeräumt, die Spülette vollgepfercht und angestellt – oh ja, ich bin eine Haushaltsfee! Wieder ins Wohnzimmer – Lappen! Laaaappen! Kam keiner, als ich rief.

Das Telefon klingelte – so ein Glück. Die Tante war dran, wir schwätzten eine Weile. Danach war ich erschöpft und sah ein wenig fern. Man muss sich ja auch mal informieren. Und dann war es eigentlich schon fast zu spät zum Putzen. Ich fühlte nach – das Wasser war fast kalt. Pöh, wie unangenehm. Mit kaltem Wasser wird so ein staubiger Schrank gar nicht richtig sauber, außerdem sind meine Hände sehr empfindlich auf feuchte Kälte. Und ich hatte noch immer keinen Lappen. Ich beschloss, Feierabend zu machen.

Heute Abend beim Heimkommen fand ich, dass ich gestern zu streng mit mir gewesen war: Sooo schlimm, dass ich mir am heiligen Sonntag den ganzen Tag Gedanken über den Haushalt machen musste, sieht es eigentlich noch gar nicht aus bei mir. Nur der Eimer auf dem Esstisch – der stört ein wenig.

6 Kommentare zu “Prokrastination: Eimer ohne Lappen

  1. Ich schmeiß mich weg… du hast mich beschrieben, zumindest kenne ich das auch, dass ich ständig vergesse, was ich eigentlich wollte. „Da hängt eine Spinnwebe, beim nächsten Staubsaugen muss ich dran denken.“ Staubsaugen… abends im Bett: „Mist, die Spinnwebe hängt immer noch…“

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